Kurier (Samstag)

Eisiges Feuer

Verlust. Die Wachauer Winzer kämpfen gegen den Frost. Und fahren feurige Geschütze auf, um ihre Erträge zu retten

- VON JENNIFER CORAZZA Größte Weinregion

Romantik pur, könnte man denken, wenn man dieser Tage nächtens durch die Wachau spaziert. Zwischen den Reben erhellen lodernde Fackeln den Nachthimme­l und sorgen für eine angenehme Wärme. Doch ein reiner Stimmungsm­acher sind sie nicht – sondern die einzige Chance, die vielen Hektar angehender Trauben über die eisigen Temperatur­en zu retten. Denn auch wenn die Temperatur­en diesen Frühling bereits Höchstwert­e erreichten, fielen sie in der Weinregion jetzt mehrere Tage unter null Grad. Wenn das passiert, müssen die Winzer schnell sein, um keine groben Verluste einzufahre­n, berichtet Franz-Josef Gritsch des gleichnami­gen Traditions­weinguts dem KURIER.

„Bis zu minus 1,5 Grad verträgt die Weinrebe. Fällt die Temperatur darunter, sterben die Triebe ab“, erklärt Gritsch. Die Auswirkung­en können verheerend sein. Fällt ein Hektar des günstigen Gebietswei­ns der Kälte zum Opfer, könnte das 80.000 Euro Verlust bedeuten, berechnet der Winzer. Bei einem teuren Lagenwein möchte er sich den Verlust lieber gar nicht erst ausmalen. Und nimmt stattdesse­n ein ordentlich­es Budget in die Hand, um seinen Wein zu schützen.

Wärmende Frostkerze­n

Um das Schlimmste zu verhindern, kommen großflächi­g sogenannte Frostkerze­n zum Einsatz, die genau dann anzuzünden sind, wenn die Temperatur­en kritisch werden. Durch die Wärmeentwi­cklung der Kerzen ließen sich zwei Grad heraushole­n und die Temperatur etwa von gefährlich­en drei Grad minus auf ein verträglic­hes Minusgrad anheben. „Man schafft, dass der Schaden überschaub­ar bleibt. Vielleicht wird es den Außenberei­ch etwas erwischen. Aber ein Nachbarwei­ngarten, der gar keine Frostkerze­n aufstellt, könnte einen Schaden von 80 bis 90 Prozent einfahren“, erläutert der Wein-Profi und ergänzt:

„Der Spitzer Graben ist der kälteste Teil in der Wachau. Da gibt es jetzt schon massive Schädigung­en und Weingärten, die zu 80 Prozent kaputt sind.“Die Lösung wären auch hier noch mehr Frostkerze­n. Doch die sind teuer, haben eine insgesamte Lebensdaue­r von gerade einmal zehn Stunden und sollten, damit sie sich auch wirklich rechnen, jedenfalls drei Nächte lang eingesetzt werden können.

Bei Frost-Prognosen schläft daher kein Winzer ruhig, denn die kältesten Momente warten meist in den frühen Morgenstun­den. Erst diesen Morgen mussten zehn Mitarbeite­r um vier Uhr ausrücken, um die Reben zu schützen. „Jeder weiß, für welchen Weingarten er zuständig ist, und dann wird angezündet.“Um sich gegenseiti­g zu unterstütz­en, kooperiere­n die Winzer untereinan­der, denn die Uhr tickt und das Entflammen dauert seine Zeit.

„Man braucht zwischen 300 und 400 Frostkerze­n pro Hektar. Je kälter es wird, desto enger muss man sie aufstellen“, erklärt Gritsch. Doch das schlägt sich zu Buche: Pro Hektar muss der Winzer mit 4.000 bis 6.000 Euro rechnen, die ihn die Frostkerze­n kosten. Hat man einen günstigen Wein, wo die Flasche ist Niederöste­rreich (5.761 Betriebe) mit starkem Fokus auf das Weinvierte­l. Danach folgen das Burgenland (2.299 Betriebe) und die Steiermark (1.814) unter zehn Euro kostet, braucht man Kosten/Nutzen gar nicht mehr abzuwägen, sagt er. „Das rentiert sich nicht“, so der Winzer.

Deshalb hofft Gritsch, dass die Kältephase jetzt ein Ende nimmt. „Sollten im Mai bei den Eisheilige­n noch weitere Frostwelle­n kommen, hätten wir ein massives Problem.“Und zwar nicht nur ein budgetäres: Frostkerze­n, die jetzt jeder haben will, sind ausverkauf­t. „So schnell bekommt man die auch nicht nach“, sagt Gritsch. Außerdem würde die Nachfrage auch hier den Preis bestimmen. „Je mehr Frostnächt­e, desto teurer wird das Ganze.“

 ?? ?? Das Weingut FJ Gritsch befindet sich in Spitz an der Donau, hat 15 Hektar Eigenrebfl­äche und widmet sich seit 200 Jahren dem Weinbau
Das Weingut FJ Gritsch befindet sich in Spitz an der Donau, hat 15 Hektar Eigenrebfl­äche und widmet sich seit 200 Jahren dem Weinbau
 ?? ?? Franz-Josef Gritsch ist Winzer in siebenter Generation
Franz-Josef Gritsch ist Winzer in siebenter Generation
 ?? ?? Bei Frostkerze­n brennt nicht der Docht, sondern das Wachs
Bei Frostkerze­n brennt nicht der Docht, sondern das Wachs

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