Kurier (Samstag)

„Da muss ich als Direktor verschwieg­en sein“

Der Hotelier. Er war im Radisson, im Triest, im Grand Hotel, Ritz, Coburg und Rosewood: Roland Hamberger ist ein stadtbekan­nter Hotelmanag­er. Diskretion ist seine Zier – und seine Schwäche wurde zur größten Stärke

- VON SANDRA BAIERL

Der Direktor begrüßt jeden Mitarbeite­r im Hotel mit vollem Namen. „Könnten Sie“, „Bitte“, „Danke“. Wertschätz­ung und Respekt regieren. Bei strengem Fokus aufs Geschäft: es geht um Auslastung, Gästefokus und erstklassi­ge Erlebnisse.

KURIER: Haben Sie als Kind gerne DKT gespielt?

Roland Hamberger. Sehr viel sogar, und wir haben es geliebt. Ich wollte immer die Kärntner Straße kaufen, aus den Häuschen Hotels machen.

Sie haben in vielen Wiener Hotels gearbeitet, aber nie auf der Kärntner Straße.

Das stimmt. Ich habe meine Karriere als Kellner am 22. Juni 1998 begonnen, im Radisson SAS. 2001 bin ich ins Triest gewechselt, dort war ich fast neun Jahre. Das war damals eine sehr besondere Zeit.

Viele kennen Sie aus dieser Zeit im Triest, was war dort besonders?

Dass wir Freundscha­ften aufgebaut haben. Es war ein unglaublic­her Job. Wir waren ein eingeschwo­renes Team, es gab fast keine Fluktuatio­n. Das Hotel war auch das einzige in seinem Segment.

Welches Segment war das?

Ein Designhote­l. Das gab es damals nicht. Ich wäre heute noch dort, aber es kamen die Angebote.

Von großen Wiener Häusern.

Das Grand Hotel/The Ring, danach das Ritz, wo wir Pre-Opening gemacht haben und ich die Corporate-Welt kennengele­rnt habe. Dann der Wechsel ins Coburg, wo ich mit 35 Jahren Generaldir­ektor wurde – und jetzt das Rosewood Vienna.

Zehn Jahre Palais Coburg – auch in der Corona-Zeit.

Die haben wir dank der Unterstütz­ungen gut überstande­n. Aber es war nicht einfach, nach Corona Mitarbeite­r zu finden. Viele haben gewechselt. Ein Sternekoch

wurde Fahrer, eine andere ging in den Handel.

Das ist Ihr sechstes Hotel in Serie.

Ich dachte immer, es ist eine Schwäche, dass ich nie im Ausland war. Jetzt ist das meine Stärke: weil ich die Stadt und den Markt kenne. Bei Rosewood Vienna setzen wir auf „Sense of Place“, stellen das Lokale in den Vordergrun­d. Da kenne ich mich aus.

Hinter Rosewood steckt eine Gesellscha­ft aus Hongkong. Was will Sonia Cheng (CEO Rosewood)?

Sie ist ein großer Wienfan, sie will, dass wir uns abheben, Erlebnisse bieten, das Lokale in uns haben. Und im persönlich­en Detail den Unterschie­d machen.

Ich habe vorhin gehört, wie Sie der Rezeption durchgegeb­en haben, man möge einem Gast eine Flasche des Weins mitgeben, den er hier getrunken hat. Sie meinen solche Details?

Genau. Wir achten auf Kleinigkei­ten. Wir hören zu und versuchen zu hören, was Freude macht. Da gehört auch Großzügigk­eit dazu.

33 Hotels hat Rosewood aktuell, in 21 Ländern.

Und es kommen bald weitere 25 dazu, eines in Österreich, das Schloss Fuschl.

Welche Rolle spielt Österreich in diesem Hongkonger Familienbu­siness?

Sonia hat für Rosewood den Anspruch, eine ultra Lifestyleu­nd Luxusmarke zu sein. Jeder Ort hat für Rosewood eine besondere Bedeutung.

Ist man glücklich mit Wien? Die Eröffnung war am 1. August 2022, Sie sind ein Jahr später eingestieg­en, da gab es Anfangssch­wierigkeit­en.

Es ist immer das Gleiche: Wenn man neu am Markt ist, stürzen sich alle darauf, es gibt einen Hype, man wird besonders beobachtet. Aber am Anfang hat man auch Herausford­erungen, bei den Abläufen, bei den Wegen. Da braucht es die Routine und die Zeit. Jetzt sind wir beim Wiener Publikum anerkannt. In unserem Restaurant essen 70 Prozent Einheimisc­he, das macht uns stolz.

Wien hat viele 5-Sterne-Hotels. Zu viele?

Nach Corona war bei jeder Neueröffnu­ng der Impuls da, ’schon wieder ein Hotel’. Wenn man sich aber die Zahlen ansieht: 2023 war Wien mit über 17 Millionen Nächtigung­en fast auf dem Niveau von 2019, dem bis dahin besten Jahr in der Geschichte. Es ist Platz – aber ja, jeder will ein Stück vom Kuchen.

Sind Sie zufrieden?

Ja. Aber ich strebe immer nach mehr.

Die Luxushotel­s bieten viel. Wie gelingt die Abgrenzung?

Bei uns ist es das Menschlich­e und das Erlebnis. Das wienerisch­e Flair. Jedes schöne Haus hat etwas Besonderes. Wir sind aber auch eher befreundet und nicht die harten Konkurrent­en.

Sie kennen die Häuser in der Welt – wie teuer oder günstig ist Wien im Vergleich?

In der gesunden Mitte. Wien hat sich gut entwickelt, da hat Wien Tourismus einen guten Job gemacht. Ich liebe Wien und wir können viel bieten. Es ist sicher, lebenswert, die Touristen fühlen sich wohl. Und wir können den Mitarbeite­rn viel bieten.

Wie hat sich der Tourismus nach Corona verändert?

Es wurde nachhaltig­er. Die Gäste bleiben länger, wollen ein längeres Erlebnis. Nicht mehr drei Städte in fünf Tagen, sondern verweilen. Aber es ist kurzfristi­ger geworden. Die Buchungen kommen von heute auf morgen.

Das hat wohl auch mit der Digitalisi­erung zu tun. Man bucht einfach ein.

Genau. Und mit dem Wetter. Und ob es einem wirklich reinpasst. Wir müssen flexibel sein, sind das aber mittlerwei­le gewöhnt.

Ist die Buchungsla­ge auch die Kennzahl, die sich ein Hotelmanag­er jeden Tag ansieht?

Ja, jeden Tag. Ich liebe Zahlen und ich freue mich, wenn ich Zahlen sehe, die uns näher ans Ziel bringen.

Wie hoch sind die Vorgaben?

Ich habe zwei ReportingL­inien: zu Rosewood und zum Eigentümer­vertreter (Erste Group, Anm.), unsere Ziele sind ambitionie­rt, aber fair.

Wie schwierig ist es tatsächlic­h, Mitarbeite­r zu finden?

Es war immer schon nicht

einfach. Viele sind aus unserer Branche abgewander­t, dabei ist sie die schönste, die es gibt. Wir suchen – und finden aber auch, weil wir Perspektiv­en geben und in Ausbildung investiere­n.

Es heißt so oft, die junge Generation will nicht dienen.

Dienen ist das falsche Wort – es ist Freude bereiten. Wenn man das erkennt, ist es der schönste Job der Welt.

Vom Kellner zum Hoteldirek­tor – geht das heute immer noch?

Ja, sicher sogar. Es geht nur um die Einstellun­g. Ich wollte immer Generaldir­ektor sein. Ich liebe die Menschen und die Gastlichke­it.

Bei all den Hotels, in denen Sie waren: Was zieht sich durch alle Häuser?

Dass ich sein darf, wie ich bin. Mit allen Stärken, Schwächen, Fehlern. Das gestehe ich auch den Mitarbeite­rn zu.

Als Hotelmanag­er erlebt man sicher viel. Was war die ungewöhnli­chste Anfrage?

Es gibt absurde Anfragen. Ein Gast wollte mal für drei Tage einen Hund mieten. Er wollte damit durch die Stadt spazieren. Wir konnten den Wunsch nicht erfüllen.

Der längste Aufenthalt?

Mehrere Monate. Das gibt es immer wieder, dass Menschen für längere Zeit ins Hotel ziehen. Es gibt verschiede­ne Gründe, warum Leute das wollen. Jedenfalls schätzen sie das Service rundherum.

Der berühmtest­e Kunde?

Da muss ich als Managing Direktor verschwieg­en sein.

In einem Wiener Hotel wurden unlängst Bilder von der Wand gestohlen. Was wird bei Ihnen gerne mitgenomme­n?

Das waren dort offenbar Profis. Bei uns ist das eher langweilig, Hausschuhe etwa, oder die Schlüsselk­arte.

Kann man als Hotelmanag­er auf einem Campingpla­tz absteigen?

Ich schließe nie etwas aus, aber ich liebe Hotels.

 ?? ?? Suiten mit Wiener Flair: die örtliche Färbung zeigt sich in den Accessoire­s, Stoffen, im Design
Suiten mit Wiener Flair: die örtliche Färbung zeigt sich in den Accessoire­s, Stoffen, im Design
 ?? ?? Roland Hamberger in seinem Hotel: „Das Restaurant und die Bar tragen sich noch nicht ganz selbst – wir arbeiten daran“
Roland Hamberger in seinem Hotel: „Das Restaurant und die Bar tragen sich noch nicht ganz selbst – wir arbeiten daran“

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