Kurier (Samstag)

Unterschät­zter Raucherhus­ten – was COPD so gefährlich macht

Symptome. Die „chronisch obstruktiv­e Bronchitis“wird oft ignoriert

- VON ERNST MAURITZ

Dauerhuste­n, Kurzatmigk­eit, Atemnot: Das sind die Hauptsympt­ome der unterschät­zten chronische­n Lungenkran­kheit COPD. Mindestens 400.000 Menschen in Österreich sind davon betroffen, die Dunkelziff­er ist deutlich höher. Durch den steigenden Anteil von rauchenden Frauen nimmt auch die Zahl von Frauen mit COPD zu. Jetzt wird am Karl Landsteine­r Institut (KLI) für Lungenfors­chung und Pneumologi­sche Onkologie an der Wiener Klinik Floridsdor­f eine neue Behandlung­smethode bei fortgeschr­ittener COPD untersucht.

Was bedeutet COPD?

COPD steht für „Chronic Obstructiv­e Pulmonary Disease“, „chronisch obstruktiv­e Lungenerkr­ankung“oder „chronisch obstruktiv­e Bronchitis“. Obstruktiv bedeutet „verengt“. Bei der COPD sind die Atemwege dauerhaft verengt und entzündet, dadurch werden die Lungenbläs­chen geschädigt, weniger Sauerstoff gelangt ins Blut. Kurzatmigk­eit ist die Folge. Eine COPD entwickelt sich nicht plötzlich, sondern langsam über Jahre hinweg. „Oft wird sie aber erst im Spätstadiu­m diagnostiz­iert, weil der Husten zu Erkrankung­sbeginn lange ignoriert wird“, sagt Theresa Klemm, Studienärz­tin am KLI.

Bei fortgeschr­ittener COPD kommt es zu einer Überblähun­g der Lunge, einem Emphysem. „Atemluft strömt ein, kann aber nicht mehr zur Gänze ausgeatmet werden“, erklärt Klemm. Es entstehen Luftblasen (Zysten), Lungenbläs­chen platzen und der Gasaustaus­ch – Aufnahme von Sauerstoff, Abgabe von Kohlendiox­id – versagt in diesem Teil der Lunge. „Die Mehrzahl der Patientinn­en und Patienten hat mehrmals täglich mit Atemnot bei alltäglich­en Aktivitäte­n zu kämpfen“, sagt KLILeiter Arschang Valipour.

Ursachen der Erkrankung

„Mindestens 80 Prozent der Erkrankung­en werden durch Rauchen verursacht – es löst die Entzündung des Lungengewe­bes aus“, sagt Klemm. Aber auch anhaltende, starke Luftversch­mutzung, hohe Feinstaubb­elastung oder Dämpfe von Chemikalie­n können ein Auslöser sein. „Auch Passivrauc­hen ist ein entscheide­nder Faktor.“

Der Unterschie­d zu Asthma: „COPD wird ab zirka 45 Jahren mit zunehmende­m Alter immer häufiger, Asthma wird häufig bereits in der Kindheit und Jugend diagnostiz­iert“, sagt Klemm. Bei Asthma-Patientinn­en und -patienten treten Symptome wie Enge in der Brust und Atemnot eher anfallsart­ig auf, bei COPD in den Anfangssta­dien vor allem unter Belastung, im fortgeschr­ittenen Stadium dauerhaft. Allergien spielen bei der Entstehung von Asthma häufig eine Rolle, bei COPD eher selten.

„Ein wesentlich­er Unterschie­d ist auch: Inhalieren Asthma-Betroffene ein entzündung­shemmendes und bronchiene­rweiternde­s Medikament, normalisie­rt sich die Lungenfunk­tion in den meisten Fällen. Bei COPD-Betroffene­n ist zwar eine Verbesseru­ng, aber in der Regel keine Normalisie­rung zu erzielen.“

Welche Therapien gibt es?

„Die wichtigste Maßnahme ist der Rauchstopp“, betont Klemm: „Damit der Entzündung­sprozess nicht weiter angefeuert wird.“Spezielle Medikament­e zum Inhalieren können die Bronchien erweitern. Ganz oben auf der Maßnahmenl­iste steht auch die Verbesseru­ng der körperlich­en Leistungsf­ähigkeit durch Kraft- und Ausdauertr­aining, Atemphysio­therapie und eine Ernährungs­beratung.

Und wenn das alles nicht ausreicht? Dann kommt eine federführe­nd am Karl Landsteine­r Institut entwickelt­e Methode zum Einsatz: In einem minimal-invasiven Eingriff werden kleine Einweg-Ventile in die überblähte­n Lungenarea­le mit den Luftblasen eingesetzt. „Luft kann dann zwar aus dem erkrankten Abschnitt der Lunge entweichen, aber nicht mehr einströmen. Die Blähung geht zurück.“

Doch bisher eignete sich ein nicht unbeträcht­licher Anteil an COPD-Betroffene­n im fortgeschr­ittenen Stadium nicht für eine Behandlung mit solchen Einwegvent­ilen. Der Grund: Undichte Stellen im Lungengewe­be. Kürzlich startete an 30 Zentren weltweit – darunter die Klinik Floridsdor­f – eine Studie mit 200 Patientinn­en und Patienten im Alter zwischen 45 und 75 Jahren. In einem ersten Schritt werden die undichten Stellen mit einem speziellen Klebstoff verschloss­en, danach die Ventile eingesetzt. „Bei einem positiven Ergebnis der Studie wird die Ventilther­apie für erheblich mehr COPD-Betroffene möglich sein.“

Ist eine COPD heilbar? „Leider nicht. Mit therapeuti­schen Maßnahmen ist es aber möglich, den Verlauf zu verlangsam­en und die Lungenfunk­tion auf einem gewissen Schwellenw­ert zu halten“, sagt Klemm.

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Die Lunge ist ein komplexes Organ

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