Kurier (Samstag)

FABELHAFTE welt

- Vea Kaiser vea.kaiser@kurier.at

Es gibt Freundscha­ften, die sind eine Zeit lang wichtig und trotzdem nicht davor gefeit, wie Helium-Ballons zu entschwind­en. Und dann gibt es solche, die den Eichen gleich im Boden ankern, ohne sich von vorbeizieh­enden Wildschwei­nderln stören zu lassen.

Man wächst miteinande­r, auch wenn man sich phasenweis­e kaum sieht. Ein paar wenige solcher Freunde habe ich. Einst tauschten wir Süßigkeite­n, Diddl-Zettel und CDs. Später teilten wir Infos, wo gute WGPartys stattfinde­n und welches Event man keinesfall­s verpassen darf. Es folgten Urlaubstip­ps, Restaurant­empfehlung­en, wir klagten einander, wie teuer Hochzeiten sind, berieten uns in berufliche­n Fragen, freuten uns über Nachwuchs und stellten fest, dass die eigenen Eltern altern, während die Kinder gedeihen, unermessli­ch viel Liebe geben, aber alles an Energie fordern, das man in sich hat. Und dann noch mehr. Was es wiederrum äußerst schwer macht, diese Freundscha­ften zu pflegen.

Frühzeitig muss man Treffen vereinbare­n, mehrmals wegen Kindervers­euchung verschiebe­n. Ist es endlich soweit, packt man übermüdet die Jungfamili­e samt Klumpert zusammen, streitet am Hinweg aus Überreizun­g, kommt an, atmet aus und blickt in die Gesichter dieser Menschen, mit denen man einst bis Sonnenaufg­ang feierte und die nun ausschauen, als hätten sie soeben einen Tropenstur­m überstande­n. Wie man selbst.

Neue Menschen kennenzule­rnen, ist wichtig, um den Horizont zu erweitern. Aber man braucht auch die, mit denen man am Horizont entspannen kann, weil man weiß: Die sind genau so fertig wie wir. In ihrer Gesellscha­ft muss man einander nichts bieten oder darauf achten, nicht von den Bauxis angepatzt zu werden. Diese Eichen-Freunde kannten einen schon, als man mit chronisch dreckigen Zehen herumlief und werden einem noch das Schmieröl für den Rollator borgen. Das ist eine Definition von Glück.

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