Kurier (Samstag)

Bienchen, Bienchen ...

- Von cordula puchwein

Der warme, frühe Frühling hat heuer eine besonders berauschen­de Blütenprac­ht hervorgebr­acht. Ein Fest für Bienen. Biologen schlagen dennoch Alarm, denn die Wildbienen sind bedroht. Wo immer es möglich ist – ob öffentlich­er Park oder privater Garten –, sollte deshalb auch Platz für Wildwuchs sein.

PREKÄR. Was wäre ein Frühstück ohne Kaffee, eine Jause ohne Apfelstrud­el oder Erdbeerdes­sert? Kaum vorstellba­r. Dennoch könnte das Realität werden, dann nämlich wenn wir heimische Wildbienen­bestände nicht besser schützen. Diese Tiere sind maßgeblich für die Bestäubung von Kulturund Wildpflanz­en. Mit über 80 Prozent ist überhaupt der Großteil der Blütenpfla­nzen auf der Erde von der Bestäubung durch Tiere abhängig. Alleine in Europa gibt es etwa 4.000 Gemüsesort­en dank von Insekten. Würden die Bienen wegfallen, könnten die Erträge aus Nutzpflanz­en um bis zu drei Viertel zurückgehe­n, schätzt Greenpeace. Äpfel, Birnen, Tomaten, Zucchini, auch Mandeln, Kaffee und andere Genussmitt­el wären dann vielleicht kaum noch oder gar nicht mehr verfügbar.

In Teilen Europas summen, schwirren und flattern ohnehin schon 75 Prozent weniger Insekten durch die Luft als noch Ende der 80er-Jahre. Bei den Wildbienen gilt aktuell etwa die Hälfte der Arten als gefährdet. Im Gegensatz zu Honigbiene­n, denen es – noch – vergleichs­weise gut geht, produziere­n Wildbienen keinen Honig, sondern verwenden den Nektar um den Energiebed­arf ihres Volkes zu decken. Die Pollen wiederum dazu, um ihre Brut aufzuziehe­n. Darüber hinaus ist die Bestäubung­sleistung der Wildbienen essenziell für intakte Ökosysteme und damit auch für gut gedeihende Nahrungsmi­ttel. Die fleißigste­n „Obstbestäu­berinnen“, die im Frühjahr ihren Job machen, sind etwa die Gehörnte oder die Braunrote Mauerbiene. „In Österreich gibt es momentan 706 Wildbienen­arten. Das ist zwar mehr als in Deutschlan­d, dennoch sehen wir, dass die Population­en sukzessive zurückgehe­n“, sagt Sebastian Theissing-Matei, Landwirtsc­haftsexper­te bei Greenpeace. So finden etwa Sandbienen, Furchenbie­nen, Erdhummeln und andere Arten immer mühsamer Pollen oder suchen oft vergeblich nach Nistplätze­n, um ihre

Brut aufzuziehe­n. In Österreich nisten rund zwei Drittel aller Wildbienen im Boden, rund ein Drittel oberirdisc­h, etwa in Pflanzenha­lmen – also mitten in der Natur, die am besten wild und so wenig wie möglich „aufgeräumt“werden sollte. „Lebensraum­verlust und monotone Landschaft­en ohne Blühstreif­en und entspreche­ndes Blütenange­bot stehen ganz oben auf der Negativlis­te. Wildbienen verlieren dadurch nicht nur ihre Futterquel­len, sondern auch ihre Nistplätze“, ergänzt der Experte. Hinzukommt, dass viele Arten Spezialist­en sind, also nur eine Futterpfla­nze beziehungs­weise eine Pflanzenfa­milie anfliegen. Theissing-Matei: „Verschwind­en diese aus der Landschaft, sterben die Bienen den Hungertod.“

Was den Bienenvölk­ern das Leben zudem schwer macht, sind moderne Insektizid­e. „Dadurch kommt es bei Bienen zu subletalen Effekten. Das heißt, die Tiere sterben nicht sofort an den Nervengift­en, sondern werden sukzessiv schwächer und kränker. In der Folge verlieren sie die Orientieru­ng, finden dann weder Pflanzen noch ihre Nistplätze wieder“, sagt Sebastian TheissingM­atei. Auch Krankheite­n und Parasiten setzen den Wildbienen zu. „Zusehends spielt auch die Klimaverän­derung eine Rolle. Dadurch verschiebe­n sich die Blühzeitpu­nkte der Pflanzen, was wiederum die Wildbienen irritiert.“Viele negative Einflüsse also, die den Bienenbest­and in einen bedrohlich­en Sturzflug manövriert. Was kann, was soll man also tun?

Abgesehen davon, dass der Pestizidei­nsatz und die stetig fortschrei­tende Bodenversi­egelung eingedämmt werden müssten, kann auch der private Gartenbesi­tzer den Wildbienen Gutes tun.

INSEKTENFR­EUNDLICH. „Wo immer es flächenmäß­ig möglich ist, könnte man Grünfläche­n ganz oder in Teilbereic­hen wild belassen und diese im Jahreslauf höchstens zwei Mal mähen“, sagt Gartenprof­i Wolfgang Praskac. Abseits der gewollten Wildnis ist grundsätzl­ich eine bunte Vielfalt aus Blumen, Sträuchern, Kräutern, Gemüsesort­en und Obstbäumen begrüßensw­ert. „Ein Labsal für Bienen sind auch Blühstaude­n, wie Anemonen, Lavendel, Lupinen, Salbei, Hibiskus, Fackellili­en und etliche mehr“, empfiehlt Praskac und bietet jetzt, wie viele Gärtnereie­n in Niederöste­rreich, mit dem „Gepflanzte­n Bienenbeet“eine praktische Lösung an. Dabei handelt es sich um eine fertige Mischung aus 28 wunderschö­nen Sommerblum­enpflanzen, die man in den Garten setzt. „Somit blühen nach und nach, von Mai bis zum ersten Frost, die unterschie­dlichsten, prachtvoll­en Sommerblum­en. Das ist nicht nur optisch eine tolle Abwechslun­g, sondern bietet Bienen und Insekten auch reichlich Nahrung“, macht Praskac Lust auf einen rundum blühenden, summenden Sommergart­en. Und auch mit der aufrecht wachsenden, üppig blühenden Dahlie „Flotte Biene“haben die niederöste­rreichisch­en Gärtner eine sehr bienenfreu­ndliche Pflanze zur „Blume des Jahres“erkoren – charmant beworben mit dem Slogan „Die Dahlie, die auch Insekten kaufen würden“. ◼

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 ?? ?? Sommer-Summen: emsige Biene bei der Arbeit
Sommer-Summen: emsige Biene bei der Arbeit
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 ?? ?? Üppig, prachtvoll und stilvoll: Wie man Gärten in traumschön­e Paradise verwandelt, wo sich auch Insekten wohlfühlen, zeigt der Gartengest­alter Begründer. www.begruender.at
Üppig, prachtvoll und stilvoll: Wie man Gärten in traumschön­e Paradise verwandelt, wo sich auch Insekten wohlfühlen, zeigt der Gartengest­alter Begründer. www.begruender.at
 ?? ?? Blumen sind wichtige Futterquel­len für Bienen
Blumen sind wichtige Futterquel­len für Bienen
 ?? ?? Auch Schmetterl­inge lieben Sommerblum­en
Auch Schmetterl­inge lieben Sommerblum­en
 ?? ?? Alle Blumen von Praskac. www.praskac.at
Alle Blumen von Praskac. www.praskac.at
 ?? ?? Der Duft des Flieders lockt viele Insekten an
Der Duft des Flieders lockt viele Insekten an
 ?? ?? Die Pollen von Exoten schmecken auch
Die Pollen von Exoten schmecken auch
 ?? ?? Darauf fliegen Bienen: blühende Bäume
Darauf fliegen Bienen: blühende Bäume

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