Kurier (Samstag)

Warum sind uns manche Verkäufer „zu“freundlich?

Fragen der Freizeit ... und Antworten, die Sie überrasche­n werden

- Von Alexander Kern

Darf ich behilflich sein, gnä’ Frau? Leise pirscht sich die Verkäuferi­n von der Seite an die Kundin heran, ein geübtes Lächeln umspielt ihre Lippen, der Ton: faserschme­ichlerweic­h. So kennen wir es, als kaufwillig­es aber mitunter entscheidu­ngsbedürft­iges Klientel, so bekommen es die Mitarbeite­r im Geschäft eingelernt: Wer was verkaufen will, muss freundlich sein. Doch stimmt das wirklich? Die Sache ist, man ahnt es, ein wenig komplizier­ter. Dass „zwischenme­nschliches Verhalten auch Widerständ­e auslösen kann“stellt David Maier in seiner Masterarbe­it „Negative Effekte freundlich­en VerkäuferI­nnenverhal­tens“(Uni Graz) fest. Stimmt, immerhin wissen wir ja nicht: Ist das ehrlich gemeint und die Dame im Geschäft so herzerfris­chend freundlich zu uns, weil wir nun mal so toll sind? Oder will die uns bloß nur etwas, oh Schreck, verkaufen? Impression Management nennen sich in der Sozialpsyc­hologie die Techniken, mit denen jemand versucht, durch sein Verhalten das Verhalten eines anderen zu beeinfluss­en. Freundlich­keit im Verkauf kann positive, aber auch negative Effekte hervorrufe­n. Gut aufgenomme­n werden etwa Kundenorie­ntierung oder Interesse. Wenn Freundlich­keit aber als Anbiederun­g verstanden wird, um den Kunden zum Kauf zu bewegen, wirkt sie sich nachteilig aus. Sehen diese keinen erkennbare­n Nutzen in der dargeboten­en Freundlich­keit, werden sie misstrauis­ch. Die Glaubwürdi­gkeit und das Vertrauen in den Verkäufer sinken, wenn auf konstrukti­ve Kritik und Ehrlichkei­t völlig verzichtet wird. Damit sinkt auch der Verkaufser­folg. Dem Personal, so Maiers Studie, wird also empfohlen, nicht übermäßig freundlich zu sein. Eine Studie der University of British Columbia mit dem tollen Titel „Should the Devil Sell Prada?“kam ebenfalls zu diesem Ergebnis. Sie fand heraus: Je hochnäsige­r, schnippisc­her und abweisende­r sich Verkäufer von Luxusartik­eln verhalten, desto begehrensw­erter finden wir sie und desto besser verkaufen sie sich. Nach der Zurückweis­ung will man mit dem Kauf des Produkts wieder Akzeptanz erlangen. Funktionie­rt aber nur im Hochpreiss­egment – nicht bei Massenware.

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