Kurier (Samstag)

Erster Aufschlag für die Mönche

Ein Brite hat zwar die moderne Form des Sports auf den Weg gebracht und verbindlic­he Regeln etabliert. Doch die Historie des Tennis reicht zurück bis in das Frankreich des Mittelalte­rs

- TEXT ELISABETH HOLZER-OTTAWA |NFOGRAF|K KATRIN KÜNZ

Wenn in wenigen Wochen die French Open in Paris als eines der vier GrandSlam-Turniere über die Bühne gehen, denkt wohl niemand an den frühen Tod von König Ludwig X.: Der französisc­he Monarch starb 26-jährig an einer Lungenentz­ündung, nachdem er sich bei einem sportliche­n Wettstreit verkühlt haben soll – Ludwig spielte ein Tennismatc­h. Und das im 14. Jahrhunder­t. Tennis ist somit weit älter als allgemein vermutet.

Erfunden von einer Personengr­uppe im Mittelalte­r, die nicht unbedingt mit diesem Sport in Verbindung gebracht werden würde – Mönche. Forscher vermuten die

Anfänge des Spiels in Klöstern Nordfrankr­eichs des 13. Jahrhunder­ts. Von dort aus breitete sich der Sport erst in andere Klöster Europas aus, ehe auch der Adel und viel später das Bürgertum Bälle (auf)schlugen.

Erst wurde mit bloßer Hand oder einer Art Handschuhe­n gespielt, daher kommt auch der Name dieser Urform des „jeu de paume“, Spiel mit der Handfläche. Auch ein Netz zur Trennung der Platzhälft­en gab es noch nicht, Tennisschl­äger kamen erst gegen Ende des 15. Jahrhunder­ts in Mode. Margot von Hennegau – sie gilt als erster Profi – spielte also noch ohne Schläger, als sie 1422 von Philipp III., oft als Philipp der Gute bezeichnet, an seinen Hof geholt wurde: Der Herzog von Burgund galt als leidenscha­ftlicher „Jeu de paume“Anhänger und bezahlte Margot, damit er eine würdige Kontrahent­in hatte. Margot ging später ins Kloster und lehrte Nonnen, Tennis zu spielen.

Erste Ballhäuser

Wie verbreitet das Spiel war, zeigtesich­obendreina­ndenBauten,die dafür errichtet wurden: Es gab bereits im 16. Jahrhunder­t Ballhäuser, eine Vorform der Tennishall­e. Eines davon stand auch in Wien, der Name ist erhalten geblieben – Ballhauspl­atz.

Beliebt war das Spiel allerdings auch bei Wettkönige­n: Man spielte um hohe Summen Geldes in dem längst zum Breitenspo­rt avancierte­n Tennis – Betrügerei­en inklusive. Dass später in Ballhäuser­n Damen zudem auch noch sehr freigiebig mit ihrer Gunst waren, brachte nicht nur sie, sondern den gesamten Sport in Verruf. Das läutete im 17. Jahrhunder­t den Niedergang des Spiels ein, das nun in hohen Kreisen als vulgär betrachtet wurde.

Doch trotz des Wandels und zeitweilig­en Verbots verschwand Tennis nicht, allerdings schrumpfte die Anzahl der Plätze und Ballhäuser. Im 19. Jahrhunder­t trat der

Sport dann aber wieder massiv in Erscheinun­g, und zwar mit jenem Bild, das Tennis auch heute noch prägt: Grüner Rasen, Netz, weiße Kleidung.

1874 ließ der Brite Walter C. Wingfield dann den Begriff „Rasentenni­s“patentiere­n und legte verbindlic­he Regeln für Match wie Platz fest, die großteils auch heute noch Gültigkeit haben. Nur drei Jahre danach veranstalt­ete der All England Lawn Tennis and Croquet Club ein Turnier mit kostenpf lichtigen Tickets, weil man für den Rasen in einem Londoner Stadtteil eine neue Walze benötigte.

Der Rest ist WimbledonG­eschichte.

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