Kurier (Samstag)

„Global Player mit schwäbisch­en Tugenden“

Liqui Moly. Der deutsche Hersteller von Motorölen und Schmiersto­ffen glaubt an die Zukunft des Verbrenner­s vor allem außerhalb der EU. Spätestens nächstes Jahr soll eine Milliarde Euro Umsatz gemacht werden

- AUS ULM ROBERT KLEEDORFER

Wer an das deutsche Unternehme­n Würth denkt, dem fallen wohl zunächst Schrauben ein. Tatsächlic­h ist der Konzern Weltmarktf­ührer bei Montageund Befestigun­gsmaterial. Doch er hat in den vergangene­n Jahren auch in andere Geschäftsb­ereiche investiert. So übernahm er 2018 den Schmiermit­telherstel­ler Liqui Moly mit Stammsitz in Ulm. Wie passt das zusammen?

„Die Wurzeln von Liqui Moly und Würth sind grundversc­hieden, aber die Entwicklun­g weist Parallelen auf“, sagt Liqui-Moly-Chef Günter Hiermaier bei einem Besuch des KURIER in Ulm. „Bei Würth begann alles mit Schrauben, bei Liqui Moly mit Additiven. Aus beiden kleinen Betrieben wurden Global Player mit schwäbisch­en Tugenden.“

Wobei es zuerst nicht Würth war, der Liqui Moly groß gemacht hat. 1957 gegründet, blieb der Produzent von Zusatzstof­fen für Motoren lange Zeit ein regionaler Player ohne großen Namen. Doch 1990 wechselte Ernst Prost ins Unternehme­n. „Er war wie ich bei Sonax und hat daraus einen Markenarti­kler entwickelt“, erzählt Hiermaier. „Dann sind wir beide 1990 zu Liqui Moly gewechselt und Prost hat hier genau das Gleiche gemacht.“1998 übernahm er dann das Unternehme­n.

Kaum Veränderun­gen

Prost baute das Sortiment stark Richtung Schmiermit­tel aus und um und machte aus dem Unternehme­n einen namhaften Anbieter. So übernahm Liqui Moly 2006 ein Mineralölw­erk in Saarlouis im Saarland und engagierte sich als Sponsor im Motorrenns­port. 2018 entschloss sich Prost dann zum Verkauf an Würth und stieg völlig aus dem Wirtschaft­sleben aus (siehe Zusatzberi­cht unten).

„Es hat sich seit damals kaum etwas verändert“, berichtet Hiermaier. Erfolg schaffe Freiräume, man könne in Ulm autark weiter arbeiten. Und unter dem Dach eines großen Mutterkonz­erns zu sein, bringe Sicherheit­en und Synergien.

Spätestens nächstes Jahr will er die Umsatzmill­iarde knacken (2023: 917 Mio.). Trotz der zunehmende­n Elektrifiz­ierung der Antriebe glaubt Hiermaier an einen wachsenden Markt. „Wir nehmen das Thema E-Antrieb sehr ernst, aber in den Zahlen sind auch viele Hybride enthalten. Die rein batteriege­triebenen Antriebste­chnologien werden bei Weitem nicht so schnell Einzug halten.“Hiermaier denkt hier auch an Motorräder, Trucks oder Traktoren. Und weltweit sei der Fahrzeugbe­stand am Wachsen und das Verbrenner­Aus

bis 2035 betreffe ausschließ­lich die EU. „Auch danach wird der Großteil der Fahrzeuge von einem Verbrenner angetriebe­n.“

Nicht realisierb­ar

Denn die Ladeinfras­truktur und die Stromprodu­ktion seien nicht annähernd so weit entwickelt, um die von der Politik vorgegeben­en Ziele realisiere­n zu können. Auch die Hersteller würde die Lage bereits neu bewerten. „Die aktuellen Zulassungs­zahlen von E-Fahrzeugen fallen daher nicht so stark ins Gewicht“, so Hiermaier.

Dennoch ist Liqui Moly auch in dem Bereich aktiv. „Wie die Zulieferin­dustrie und die Fahrzeughe­rsteller fahren auch wir zweigleisi­g, etwa mit Brennstoff­zellenkühl­flüssigkei­t oder einem Getriebeöl für E-Autos.“

Daher ist ihm unterm Strich um die Zukunft „nicht bange. Wir setzen weiter auf unser Kerngeschä­ft und verfolgen parallel eine Sortiments­strategie für E-Fahrzeuge.“Allerdings vermehrt außerhalb Europas wie etwa Indien, China oder Nordamerik­a, wobei Deutschlan­d noch der größte Markt ist.

Zurückgezo­gen habe man sich nach dem Krieg gegen die Ukraine „von heute auf morgen“aus Russland, dem bis dahin stärksten Auslandsma­rkt mit 50 Millionen Euro Umsatz im Jahr. Dieser Ausfall habe aber durch verstärkte Vertriebsa­ktivitäten in anderen

Ländern zwischenze­itlich kompensier­t werden können.

In Ulm befindet sich zwar die Zentrale, wo auch die Additive hergestell­t werden. Diese machen aber nur noch etwas mehr als 10 Prozent des Umsatzes aus. Zwei Drittel entfallen auf Schmiersto­ffe, die aus dem Mineralölw­erk in Saarlouis stammen. Dort werden jährlich mehr als 90.000 Tonnen Schmiermit­tel produziert. In Zukunft sollen bis zu 120.000 Tonnen möglich sein. „Parallel dazu treiben wir Planungen für Produktion­en im Ausland voran“, sagt Hiermaier. Als Beispiel nennt er Truck-Öle für die USA. „Die hohen und weiter steigenden Frachtkost­en schränken deren Konkurrenz­fähigkeit mit lokal produziere­nden Wettbewerb­ern ein.“

Prinzipiel­l will Liqui Moly aber Deutschlan­d treu bleiben. „An Produktion­sverlageru­ngen verschwend­en wir keinen Gedanken. Made in Germany steht immer noch für höchste Qualität.“Insgesamt zeigt sich Hiermaier mit den wirtschaft­lichen Rahmenbedi­ngungen im eigenen Land zufrieden.

Auch wenn Autofahren nicht umweltfreu­ndlich sei, so trage Liqui Moly dennoch zur Nachhaltig­keit bei, sagt Hiermaier. „Hochwertig­e Öle und Additive helfen, den Schadstoff­ausstoß und Verbrauch zu verringern und den Wert des Fahrzeugs zu erhalten.“

 ?? Liqui Moly stellt in zwei Werken in Deutschlan­d Schmiermit­tel und Motoröle her ??
Liqui Moly stellt in zwei Werken in Deutschlan­d Schmiermit­tel und Motoröle her
 ?? Liqui-Moly-Chef Hiermaier ist um die Zukunft „nicht bange“ ??
Liqui-Moly-Chef Hiermaier ist um die Zukunft „nicht bange“

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