„Global Player mit schwäbischen Tugenden“
Liqui Moly. Der deutsche Hersteller von Motorölen und Schmierstoffen glaubt an die Zukunft des Verbrenners vor allem außerhalb der EU. Spätestens nächstes Jahr soll eine Milliarde Euro Umsatz gemacht werden
Wer an das deutsche Unternehmen Würth denkt, dem fallen wohl zunächst Schrauben ein. Tatsächlich ist der Konzern Weltmarktführer bei Montageund Befestigungsmaterial. Doch er hat in den vergangenen Jahren auch in andere Geschäftsbereiche investiert. So übernahm er 2018 den Schmiermittelhersteller Liqui Moly mit Stammsitz in Ulm. Wie passt das zusammen?
„Die Wurzeln von Liqui Moly und Würth sind grundverschieden, aber die Entwicklung weist Parallelen auf“, sagt Liqui-Moly-Chef Günter Hiermaier bei einem Besuch des KURIER in Ulm. „Bei Würth begann alles mit Schrauben, bei Liqui Moly mit Additiven. Aus beiden kleinen Betrieben wurden Global Player mit schwäbischen Tugenden.“
Wobei es zuerst nicht Würth war, der Liqui Moly groß gemacht hat. 1957 gegründet, blieb der Produzent von Zusatzstoffen für Motoren lange Zeit ein regionaler Player ohne großen Namen. Doch 1990 wechselte Ernst Prost ins Unternehmen. „Er war wie ich bei Sonax und hat daraus einen Markenartikler entwickelt“, erzählt Hiermaier. „Dann sind wir beide 1990 zu Liqui Moly gewechselt und Prost hat hier genau das Gleiche gemacht.“1998 übernahm er dann das Unternehmen.
Kaum Veränderungen
Prost baute das Sortiment stark Richtung Schmiermittel aus und um und machte aus dem Unternehmen einen namhaften Anbieter. So übernahm Liqui Moly 2006 ein Mineralölwerk in Saarlouis im Saarland und engagierte sich als Sponsor im Motorrennsport. 2018 entschloss sich Prost dann zum Verkauf an Würth und stieg völlig aus dem Wirtschaftsleben aus (siehe Zusatzbericht unten).
„Es hat sich seit damals kaum etwas verändert“, berichtet Hiermaier. Erfolg schaffe Freiräume, man könne in Ulm autark weiter arbeiten. Und unter dem Dach eines großen Mutterkonzerns zu sein, bringe Sicherheiten und Synergien.
Spätestens nächstes Jahr will er die Umsatzmilliarde knacken (2023: 917 Mio.). Trotz der zunehmenden Elektrifizierung der Antriebe glaubt Hiermaier an einen wachsenden Markt. „Wir nehmen das Thema E-Antrieb sehr ernst, aber in den Zahlen sind auch viele Hybride enthalten. Die rein batteriegetriebenen Antriebstechnologien werden bei Weitem nicht so schnell Einzug halten.“Hiermaier denkt hier auch an Motorräder, Trucks oder Traktoren. Und weltweit sei der Fahrzeugbestand am Wachsen und das VerbrennerAus
bis 2035 betreffe ausschließlich die EU. „Auch danach wird der Großteil der Fahrzeuge von einem Verbrenner angetrieben.“
Nicht realisierbar
Denn die Ladeinfrastruktur und die Stromproduktion seien nicht annähernd so weit entwickelt, um die von der Politik vorgegebenen Ziele realisieren zu können. Auch die Hersteller würde die Lage bereits neu bewerten. „Die aktuellen Zulassungszahlen von E-Fahrzeugen fallen daher nicht so stark ins Gewicht“, so Hiermaier.
Dennoch ist Liqui Moly auch in dem Bereich aktiv. „Wie die Zulieferindustrie und die Fahrzeughersteller fahren auch wir zweigleisig, etwa mit Brennstoffzellenkühlflüssigkeit oder einem Getriebeöl für E-Autos.“
Daher ist ihm unterm Strich um die Zukunft „nicht bange. Wir setzen weiter auf unser Kerngeschäft und verfolgen parallel eine Sortimentsstrategie für E-Fahrzeuge.“Allerdings vermehrt außerhalb Europas wie etwa Indien, China oder Nordamerika, wobei Deutschland noch der größte Markt ist.
Zurückgezogen habe man sich nach dem Krieg gegen die Ukraine „von heute auf morgen“aus Russland, dem bis dahin stärksten Auslandsmarkt mit 50 Millionen Euro Umsatz im Jahr. Dieser Ausfall habe aber durch verstärkte Vertriebsaktivitäten in anderen
Ländern zwischenzeitlich kompensiert werden können.
In Ulm befindet sich zwar die Zentrale, wo auch die Additive hergestellt werden. Diese machen aber nur noch etwas mehr als 10 Prozent des Umsatzes aus. Zwei Drittel entfallen auf Schmierstoffe, die aus dem Mineralölwerk in Saarlouis stammen. Dort werden jährlich mehr als 90.000 Tonnen Schmiermittel produziert. In Zukunft sollen bis zu 120.000 Tonnen möglich sein. „Parallel dazu treiben wir Planungen für Produktionen im Ausland voran“, sagt Hiermaier. Als Beispiel nennt er Truck-Öle für die USA. „Die hohen und weiter steigenden Frachtkosten schränken deren Konkurrenzfähigkeit mit lokal produzierenden Wettbewerbern ein.“
Prinzipiell will Liqui Moly aber Deutschland treu bleiben. „An Produktionsverlagerungen verschwenden wir keinen Gedanken. Made in Germany steht immer noch für höchste Qualität.“Insgesamt zeigt sich Hiermaier mit den wirtschaftlichen Rahmenbedingungen im eigenen Land zufrieden.
Auch wenn Autofahren nicht umweltfreundlich sei, so trage Liqui Moly dennoch zur Nachhaltigkeit bei, sagt Hiermaier. „Hochwertige Öle und Additive helfen, den Schadstoffausstoß und Verbrauch zu verringern und den Wert des Fahrzeugs zu erhalten.“