Kurier (Samstag)

ÜBER leben

- Guido Tartarotti guido.tartarotti@kurier.at

Mein lustigstes Fußballtor schoss ich so: Plötzlich lief ich, wie und warum weiß ich nicht mehr, mit dem Ball alleine aufs Tor zu. Aufs gegnerisch­e, zum Glück. Als ich gerade darüber nachdachte, wie ich die Frucht im Netz unterbring­en sollte – wuchtiger Schuss, eleganter Haken oder überlegter Heber – stolperte ich, der Ball machte sich selbststän­dig, rollte auf den Tormann zu, der, panisch geworden, drosch ihn weg, traf mich mitten im Gesicht, und von dort sprang er ins Tor. Die Gratulatio­nen meiner Mitspieler nahm ich äußerst benebelt, aber dennoch vergnügt zur Kenntnis.

Mein schönstes und letztes Fußballtor schoss ich so: Plötzlich lief ich, wie und warum weiß ich nicht mehr, mit dem Ball alleine aufs Tor zu. Ich dachte mir überhaupt nichts und hob den Ball mit einer eleganten Bewegung über den verdutzten Tormann. Sofort danach beschloss ich, meine „Karriere“zu beenden, denn ich wusste, besser wird es nicht.

Ich war ein ungeschick­tes Kind mit dicken Brillen, mit den anderen Kindern vor dem Feuerwehrh­aus Fußball zu spielen, war für mich das Schönste. Dass ich für den Fußball keinerlei Talent hatte, nahm ich nicht zur Kenntnis – in meiner Fantasie war ich der neue Mittelstür­mer-Star des Nationalte­ams. Ich blieb begeistert­er Fußballer bis Anfang 40, was mir an Talent fehlte, glich ich durch Einsatz aus. Sport ist heute für mich ein Lebensmitt­el: Laufen, Radfahren, Klettern, Tennis, Skifahren – die Sportart ist mir fast egal, Hauptsache, ich bleibe in Bewegung. Ich bin von Beruf Kulturjour­nalist, aber ich habe nie verstanden, wie man Sport und Kultur gegeneinan­der ausspielen kann. Sport ist Kultur, bitteschön!

Wenn man sich bewegt, spürt man, dass man am Leben ist, und das ist ein verdammt gutes Gefühl. Ich sehe übrigens gerne Fußball im Fernsehen. Aber dass einer ein Tor mit dem Gesicht erzielt hätte, habe ich noch nie erlebt.

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