Wenn die „Königin des Belcanto“den Unterschied ausmacht
Kritik. Edita Gruberova gab ihr Rollendebüt als Donizettis „Anna Bolena“an der Staatsoper.
Landauf, landab hat sie diese Partie bereits gesungen, in Wien etwa im Musikverein. Auch bei einem Gastspiel der Wiener Staatsoper in Japan war die große Edita Gruberova in der Titelpartie von Gaetano Donizettis „Anna Bolena“zu erleben. Nur im Haus am Ring selbst war Gruberova bis dato nie in dieser Rolle zu bewundern.
Das ist seit Freitag anders, denn die seit Jahrzehnten amtierende „Königin des Belcanto“gab ihr lang erwartetes Rollendebüt und begeisterte ihre zahlreichen Vereh- rer mühelos. Denn Gruberova verfügt immer noch über alle notwendigen (das sind viele) Koloraturen, über sehr präzise, glasklar gesetzte Spitzentöne und über jenen silbrigen, stimmlichen Glanz, der für diese Partie erforderlich ist. Kompliment!
Weniger phänomenal ist dagegen das Umfeld, in dem sich der Opernstar beweisen durfte. Szenisch ist diese Produktion längst nur mehr ein Konzert in Kostümen; musikalisch kann nur Sonia Ganassi als intensive, mächtige Giovanna Seymour mit dem Weltstar mithalten. Der Tenor Celso Albelo ist als Percy eine solide Möglichkeit, der schwache Marco Vinco als Enrico VIII. nicht. Erfreulich im puren Mittelmaß: Margarita Gritskova als Smeton. Dirigent Evelino Pidò und das meist solide Orchester spulen Donizetti nur brav herunter.