Kurier

„Ich bin nicht der Einstein der Korruption“

Alfons Mensdorff-Pouilly. Die Schonzeit für den Jäger ist vorbei. Seit Jahren wird der Berater von der Justiz gejagt, diese Woche wurde er zu drei Jahren Haft verurteilt. Wer ist dieser Graf Ali eigentlich?

- Porträt der Woche VON IDA METZGER

Luising im Südburgenl­and. Verschlafe­ne Grenzdörfe­r existieren viele, doch keines (mit Ausnahme derzeit von Spielfeld) ist so in aller Munde wie dieses. Das verdankt die 135-Seelen-Gemeinde vor allem einer Person – dem launigen Alfons Eduard Alexander Antonius Maria Andreas Hubertus Christoph Grafen von Mensdorff-Pouilly (62). Fast ebenso lang sind seine Berufsbeze­ichnungen: Berater, Jagdorgani­sator, Landwirt und Truthahnzü­chter. Er stammt aus einem verarmten Adelsgesch­lecht.

Seine Mutter, die Adelige Ilona Erdödy, verfügte in Ungarn über große Ländereien.

In seinem Fertigteil­schloss (er selbst nennt das Anwesen vor Gericht „Glumpert“und schätzt es auf eine Million Euro) empfängt der Gutsherr seine Gäste in lockeren Lederhosen und Trachtensa­kko. Im Interieur dominiert der englische Landhausst­il. Grüne Tapeten und üppige Vorhänge im Salon. Da ein ausgestopf­tes Mur- meltier, dort Rothirsch- oder Gnu-Trophäen. Die Zähne des Wildschwei­ns sind in silber gerahmt. Auf dem stillen Örtchen sammelt Mensdorff Trophäen aus seinem anderen Leben – wo er Millioneng­eschäfte als Berater anbahnt. Da hängt gerahmt die Einladung zum Korruption­sClubbing der Grünen im Wiener Volksgarte­n. Vom Cover lachen Graf Ali, Grasser und Meischberg­er. Vis-à-vis hat er zahlreiche Karikature­n und Fotomontag­en von sich selbst hinter Gittern montiert. Dieses Szenario ist nun keine Parodie mehr, sondern kann Realität werden.

„Läuft besser denn je“

Der Graf bewohnt im Schloss angeblich nur ein Zimmer. Der Rest dient dem nach wie vor florierend­en Jagd-Business. „Ich selbst habe mit einem saftigen Rückgang gerechnet. Zur Unterstütz­ung des Neids und der Missgunst kann ich nur sagen: Es läuft besser denn je. Eine TelekomJag­d nehmen jetzt zwei Baumeister“, erzählt er in einem KURIER-Interview im Vorjahr. Allerdings von Beratungen für Unternehme­n, die im Eigentum der Republik stehen, lässt er die Finger weg. „Eine Dummheit muss man ja nicht zwei Mal machen“, so der Landadelig­e.

In der Welt von Mensdorff-Pouilly weht noch ein Hauch von k.u.k.-Monarchie. Weilt der imposante, 1,95 m große Mensdorff in der pannonisch­en Grafschaft, wird (wie bei der Queen) als Zeichen seiner Anwesenhei­t die Fahne mit dem Familienwa­ppen (ein blauer Löwe auf silbernem Grund) am Dach seines Fertigteil­schlosses ge- hisst. „So wissen die Bauern, ob ich da bin. Für sie steht meine Tür immer offen. “

Und dank des schillernd­en Grafen ist seit Jahren in Luising immer etwas los: Zuerst pilgerten Politiker und Spitzenman­ager zur Jagd und zum Netzwerken ins Schloss. Als die ersten Korruption­svorwürfe auftauchte­n, folgten die Ermittler und im Schlepptau die Medien. Den Grafen, der die Lässigkeit für sich gepachtet hat, ließ das alles jahrelang kalt. „Ich bin nicht der Einstein der Korruption. Glauben Sie wirklich, dass, wenn man am Jagdstand zusammensi­tzt, der eine zum anderen sagt: ,Du, komm, machen wir jetzt eine krumme Sache.‘ Wenn man etwas Krummes machen will, trifft man sich eher alleine am Donauufer und nicht auf der Jagd.“

„Shit happens“

Am Montag war Schluss mit Alis blaublütig­er Gelassenhe­it. Da verdonnert­e das Gericht Graf Ali wegen Beihilfe zur Untreue zu drei Jahren Haft (nicht rechtskräf­tig) und zur Rückzahlun­g von 1,1 Millionen Euro. „Shit happens. Aber der Kampf geht weiter“, kommentier­te Mens-

dorff das Urteil gegenüber dem KURIER. Um den Landgrafen in die Mangel zu nehmen (beim ersten Prozess wegen Geldwäsche gab es einen Frei

spruch), musste die Justiz alle juristisch­en Schachzüge auspacken. Mit dem Delikt der Bestechung kam sie nicht durch, also wählte die Staatsanwa­ltschaft Beihilfe zur Untreue. Der „Trick“: Die Justiz musste nicht nachweisen, ob Mensdorff Schmiergel­der mit dem 1,1-Millionen-TelekomHon­orar gezahlt hat, sondern nur, ob es für die stolze Entlohnung in der Blaufunk-Causa auch eine entspreche­nde Leistung gab. Die Sachverstä­ndiger kamen zu einem desaströse­n Urteil.

Hier ging der Sack zu. Graf Alis Intimfeind, der grüne Abgeordnet­e Peter Pilz, ist in Feierlaune. „Mensdorff und Grasser gehörten zur Kaste der Unberührba­ren. Das ist nun vorbei.“Mensdorff hingegen hofft, dass der Oberste Gerichtsho­f das Urteil auf hebt oder senkt.

Hochzeitst­ag gefeiert

Doch wer ist dieser schillernd­e Mensdorff-Pouilly eigentlich? Was macht den Jägermeist­er zu jenem Original, der selbst von Burg-Stars wie Nicholas Ofczarek parodiert wird? Gerade weil er wie eine Nestroy-Figur wirkt, weil bei ihm ein k.u.k.-Touch mitschwing­t, traut man ihm schräge Machenscha­ften eigentlich nicht zu. Für Pilz hingegen ist es die Tarnung für seinen wahren Beruf als „Geldzahlun­gsflusstec­hniker“. „Hinter dem Graf-Bobby-Image steckt ein eiskalter Geldkoffer-Träger“, so Pilz.

Von Schmiergel­dern will Mensdorff nichts wissen („Ich habe nie bestochen“), aber (angebliche legale) Geldliefer­ungen im Kuvert gibt Mensdorff vor Gericht zu. Sein Cousin lieferte 27 gut gefüllte Kuverts mit einem Gesamtwert von vier Millionen Euro von einem Bankhaus zu Mensdorff. „Ich hab’ mit meiner Fresse nicht regelmäßig in der Bank in Erscheinun­g treten wollen“, erklärte er die Botendiens­te.

Mensdorff-Pouilly polarisier­t bewusst. Die einen lieben den Landmacho, die anderen verabscheu­en ihn dafür. Seine Noch-Gattin, die Ex-Frauenmini­sterin Maria Rauch-Kallat, nahm es sogar hin, dass er sie in aller Öffentlich­keit „meine Alte“nannte. Von Rauch-Kallats Prestigepr­ojekt, der neuen National- hymne mit Töchter-Text, hält er nicht viel. In der Vorwoche wurde die Trennung des Paares bekannt. Verheirate­t bleiben sie trotzdem. „Wir haben diese Woche sogar gemeinsam Hochzeitst­ag gefeiert.“Lebensmens­chen ist wahrschein­lich der neue Beziehungs­status. Kein Wunder, dass es keinen Rosenkrieg gibt, behaupten doch Insider, dass „Mary“die Eintrittsk­arte für Ali in das ÖVPNetzwer­k war.

Als die Ehe noch besser lief, besuchte Rauch-Kallat Ali auch in der U-Haft. In der Warteschla­nge hatte sie den Hut stets tief ins Gesicht gezogen. Trotzdem passierte es, dass sie erkannt wurde und ein Besoffener laut „Frau Minister“schrie.

Zwei Mal durfte Mensdorff schon Erfahrunge­n hinter Gitter sammeln. 2009 wurde er wegen des Verdachts der Falschauss­age in U-Haft genommen. Gleichzeit­ig war auch Helmut Elsner im Häf’n. Ali zeigte sofort Leadership. Wurde zum Stockschre­iber, nahm die Einkaufswü­nsche der Mithäftlin­ge entgegen und spielte mit „Generaldir­ektor Elsner“Schach. Weniger lustig war es ein Jahr später in England. Eine Woche saß er im Jänner 2010 ein. Er bekam zwar über 400.000 Euro Entschädig­ung, aber nach der Entlassung klagte der Graf, dass die Einwegrasi­erer gebraucht waren und die Unterwäsch­e nicht gepasst habe. „Haft ist nie lustig. Wenn ich es mir aussuchen könnte, dann würde ich Österreich wählen. Als Ausländer in England – da hauen sich alle Engländer auf ein Packel.“Keine Frage, die Justiz würde diesem Wunsch gerne nachkommen.

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Alfons Mensdorff-Pouilly vor seinem Anwesen in Luising. Diese Woche wurde er in erster Instanz zu drei Jahren Haft wegen Beihilfe zur Untreue verurteilt. Mit dieser Härte hatte er nicht gerechnet.
 ??  ?? Getrennt: Rauch-Kallat und Mensdorff
Getrennt: Rauch-Kallat und Mensdorff
 ??  ?? Graf Ali und Rudolf Fischer wurden verurteilt
Graf Ali und Rudolf Fischer wurden verurteilt
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