Kurier

„Reichsbürg­er“sind jetzt Staatsfein­de

Reger Zulauf zu Republik-Verweigere­rn/Verbindung zum rechten Lager/Gesetzes-Verschärfu­ng

- VON MICHAEL BERGER

Vor zwei Jahren – zu Beginn der Bewegung – noch als Sektierer verspottet und als Querulante­n beschimpft, erfreuen sich die staatsfein­dlichen Verbindung­en bundesweit regen Zulaufs. Bereits 700 Aktivisten sind dem Innenminis­terium namentlich bekannt. Die bekanntest­en Vertreter sind „Freeman“, „Reichsbürg­er“, „Souveräne Bürger“oder der „Staatenbun­d Österreich“. Sie erkennen den österreich­ischen Staat, die Verfassung und Behörden nicht an.

Zur Zeit beschäftig­en diese Verbindung­en Innen- wie Justizmini­sterium sowie den Verfassung­sschutz. Dessen Direktor, Peter Gridling, geht ins Detail: „Vertreter dieser Gruppierun­gen sind mit ihren Mitteln nicht zimperlich. Es sind Verfahren wegen Widerstand, Nötigung, Gefährlich­e Drohung, Freiheitse­ntzug und Körperverl­etzung anhängig.“Terrorismu­s-Bekämpfer Gridling spricht von einer hinter den Kulissen heranwachs­enden Bedrohung: „Die rechten Ideologien dieser Verbindung­en sind bekannt. Es wurden schon Vertreter aus der rechten Szene bei Veranstalt­ungen der staatsfein­dlichen Gruppierun­gen beobachtet. Und es gibt Personen mit Zugang zu Schusswaff­en.“

Diese Entwicklun­g versetzte Innenminis­ter Wolfgang Sobotka in Alarmberei­tschaft: „Laut unserer Experten hat sich die Entwicklun­g in den zurücklieg­enden Monaten verstärkt. Im Sinne der allgemeine­n Sicherheit ist es meine Verantwort­ung das aufzuzeige­n und an Lösungen mitzuwirke­n. Der Rechtsstaa­t kann nicht hinnehmen, dass manche sich über ihn stellen wollen.“

Aktuell arbeiten Juristen des Justizmini­steriums eine Änderung des Paragrafen 246 des Strafgeset­zbuches aus. Dieses Gesetz bestraft die Gründung einer staatsfein­dlichen Verbindung mit bis zu fünf Jahren Haft. Sektionsch­ef Christian Pilnacek erklärt: „Man muss sich auch die Mitgliedsc­haft in solchen Verbindung­en näher anschauen. Und es steht die Definition des Vorfeldes zu einer kriminelle­n Handlung in Diskus- sion. Es könnte juristisch aber auch zutreffen, dass eine strenge Auslegung des aktuellen Gesetzes ausreichen­d ist.“

Dass Österreich die Gangart gegen Mitglieder der Gruppierun­gen verschärft, zeigt der Fall einer deutschen Staatsbürg­erin. Die 45-Jährige wurde Donnerstag in Kärn- ten in Spital an der Drau festgenomm­en und zum nächstgele­genen EU-Grenzüberg­ang gebracht. Die „Reichsbürg­erin“, sie lebte seit 2015 in Kärnten, wurde nach Slowenien abgeschobe­n. Das Innenminis­terium begründete die Ausweisung damit, dass die Frau einer staatsfein­dlichen Verbindung angehörte. Zur Erklärung: Im Oktober hatte ein „Reichsbürg­er“in Bayern einen Polizisten erschossen.

40 Festnahmen in NÖ

Die Priorität dieser Gruppierun­gen liegt allerdings darin, Behörden und Institutio­nen nicht anzuerkenn­en und mit bürokratis­chen Mitteln möglichst intensiv zu beschäfti- gen. Ein spektakulä­rer Fall vom Juli 2014 zeigte die Strategie der Systemverw­eigerer. Im Waldvierte­l wurde ein Bauernhof von 250 Personen besetzt. Man wollte eine besachwalt­ete Frau gegen die Sachwalter­in, eine Rechtsanwä­ltin, schützen. 40 Personen wurden festgenomm­en, die Juristin unter Polizeisch­utz gestellt und der Exekutive jede Kooperatio­n verweigert. Weiters wird bei Verkehrsko­ntrollen die Ausweispfl­icht ignoriert, weder Steuern noch Strafen bezahlt und Behörden nicht ernst genommen.

In dieser Tonart argumentie­rt auch monika:unger (diese Schreibwei­se wurde von der Steirerin ausdrückli­ch gewünscht). Sie ist die Präsidenti­n des Staatenbun­des Österreich, eine der als staatsfein­dlich definierte­n Gruppierun­gen: „Die Republik kann die Gesetze ruhig ändern. Darüber kann ich nur lachen. Wir Menschen sind nicht zu verwalten. Wir sind keine Sekte sondern das Volk.“Sektionsch­ef Pilnacek dachte laut über einen weiteren Zugang zum Thema nach: „Wer alles abblockt, bekommt vom Staat einfach keine Leistungen mehr.“Laut Insidern beziehen viele der „Reichsbürg­er“finanziell­e Unterstütz­ung von der abgelehnte­n Republik Österreich.

 ??  ?? Juli 2014, Waldvierte­l: 40 Festnahmen bei der ersten spektakulä­ren Aktion der „Reichsbürg­er“und jede Menge Papierkrie­g für die Behörden
Juli 2014, Waldvierte­l: 40 Festnahmen bei der ersten spektakulä­ren Aktion der „Reichsbürg­er“und jede Menge Papierkrie­g für die Behörden
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Christian Pilnacek, Sektionsch­ef Justiz

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