„Reichsbürger“sind jetzt Staatsfeinde
Reger Zulauf zu Republik-Verweigerern/Verbindung zum rechten Lager/Gesetzes-Verschärfung
Vor zwei Jahren – zu Beginn der Bewegung – noch als Sektierer verspottet und als Querulanten beschimpft, erfreuen sich die staatsfeindlichen Verbindungen bundesweit regen Zulaufs. Bereits 700 Aktivisten sind dem Innenministerium namentlich bekannt. Die bekanntesten Vertreter sind „Freeman“, „Reichsbürger“, „Souveräne Bürger“oder der „Staatenbund Österreich“. Sie erkennen den österreichischen Staat, die Verfassung und Behörden nicht an.
Zur Zeit beschäftigen diese Verbindungen Innen- wie Justizministerium sowie den Verfassungsschutz. Dessen Direktor, Peter Gridling, geht ins Detail: „Vertreter dieser Gruppierungen sind mit ihren Mitteln nicht zimperlich. Es sind Verfahren wegen Widerstand, Nötigung, Gefährliche Drohung, Freiheitsentzug und Körperverletzung anhängig.“Terrorismus-Bekämpfer Gridling spricht von einer hinter den Kulissen heranwachsenden Bedrohung: „Die rechten Ideologien dieser Verbindungen sind bekannt. Es wurden schon Vertreter aus der rechten Szene bei Veranstaltungen der staatsfeindlichen Gruppierungen beobachtet. Und es gibt Personen mit Zugang zu Schusswaffen.“
Diese Entwicklung versetzte Innenminister Wolfgang Sobotka in Alarmbereitschaft: „Laut unserer Experten hat sich die Entwicklung in den zurückliegenden Monaten verstärkt. Im Sinne der allgemeinen Sicherheit ist es meine Verantwortung das aufzuzeigen und an Lösungen mitzuwirken. Der Rechtsstaat kann nicht hinnehmen, dass manche sich über ihn stellen wollen.“
Aktuell arbeiten Juristen des Justizministeriums eine Änderung des Paragrafen 246 des Strafgesetzbuches aus. Dieses Gesetz bestraft die Gründung einer staatsfeindlichen Verbindung mit bis zu fünf Jahren Haft. Sektionschef Christian Pilnacek erklärt: „Man muss sich auch die Mitgliedschaft in solchen Verbindungen näher anschauen. Und es steht die Definition des Vorfeldes zu einer kriminellen Handlung in Diskus- sion. Es könnte juristisch aber auch zutreffen, dass eine strenge Auslegung des aktuellen Gesetzes ausreichend ist.“
Dass Österreich die Gangart gegen Mitglieder der Gruppierungen verschärft, zeigt der Fall einer deutschen Staatsbürgerin. Die 45-Jährige wurde Donnerstag in Kärn- ten in Spital an der Drau festgenommen und zum nächstgelegenen EU-Grenzübergang gebracht. Die „Reichsbürgerin“, sie lebte seit 2015 in Kärnten, wurde nach Slowenien abgeschoben. Das Innenministerium begründete die Ausweisung damit, dass die Frau einer staatsfeindlichen Verbindung angehörte. Zur Erklärung: Im Oktober hatte ein „Reichsbürger“in Bayern einen Polizisten erschossen.
40 Festnahmen in NÖ
Die Priorität dieser Gruppierungen liegt allerdings darin, Behörden und Institutionen nicht anzuerkennen und mit bürokratischen Mitteln möglichst intensiv zu beschäfti- gen. Ein spektakulärer Fall vom Juli 2014 zeigte die Strategie der Systemverweigerer. Im Waldviertel wurde ein Bauernhof von 250 Personen besetzt. Man wollte eine besachwaltete Frau gegen die Sachwalterin, eine Rechtsanwältin, schützen. 40 Personen wurden festgenommen, die Juristin unter Polizeischutz gestellt und der Exekutive jede Kooperation verweigert. Weiters wird bei Verkehrskontrollen die Ausweispflicht ignoriert, weder Steuern noch Strafen bezahlt und Behörden nicht ernst genommen.
In dieser Tonart argumentiert auch monika:unger (diese Schreibweise wurde von der Steirerin ausdrücklich gewünscht). Sie ist die Präsidentin des Staatenbundes Österreich, eine der als staatsfeindlich definierten Gruppierungen: „Die Republik kann die Gesetze ruhig ändern. Darüber kann ich nur lachen. Wir Menschen sind nicht zu verwalten. Wir sind keine Sekte sondern das Volk.“Sektionschef Pilnacek dachte laut über einen weiteren Zugang zum Thema nach: „Wer alles abblockt, bekommt vom Staat einfach keine Leistungen mehr.“Laut Insidern beziehen viele der „Reichsbürger“finanzielle Unterstützung von der abgelehnten Republik Österreich.