ÖBB fuhr trotz Passagierrekord im Vorjahr weniger Ertrag ein
Personalsuche. Höhere Gewinne im Personenverkehr konnten Rückgang im Güterverkehr nicht ausgleichen.
Die Latte, die sich Bundeskanzler Christian Kern vor ziemlich genau einem Jahr als Noch-ÖBB-Chef gelegt hatte, war offensichtlich zu hoch. Kern hatte bei der Bilanzpräsentation für das Jahr 2015 angekündigt, der Gewinn werde 2016 „nicht unter 200 Millionen“Euro liegen. Tatsächlich geworden sind es im Vorjahr 166,2 Millionen Euro, verkündete Kerns Nachfolger Andreas Matthä am Donnerstag. Gegenüber 2015 ein Rückgang um mehr als 13 Prozent.
Schuld ist in erster Linie der Güterverkehr. Zwar fuhr auch die Bahn-Gütersparte schwarze Zahlen ein, der Gewinn lag mit 60,2 Millionen allerdings um ein Fünftel unter dem des Vorjahres. Dafür konnte die Rail Cargo Austria (RCA) auf dem europäischen Parkett punkten. Sie überholte bei der Transportleistung mit 28,2 Milliarden Tonnen-Kilometern die pol- nische Bahn (PKP) und hält hinter der Deutschen Bahn auf Rang zwei. Rückgänge im Inland wegen der schwachen Konjunktur konnten im Auslandsgeschäft teilweise kompensiert werden.
Nightjet
Im Personenverkehr gab es auf der Schiene einen Passagierrekord, mit 244,2 Millionen fuhren um 6,2 Millionen mehr Personen mit der Bahn als 2015. Verantwortlich war dafür in erster Linie der Ausbau des S-Bahn-Netzes, der Stundentakt über den Arlberg, die bessere Anbindung des Flughafens Schwechat ans Bahnnetz und der Ausbau des Nachtzugverkehrs durch die Übernahme von sechs Linien von der DB. Für die Nightjets verkaufte die ÖBB bereits 600.000 Tickets. Zusammen mit dem konzerneigenen Postbus beförderten die ÖBB im Vorjahr 461 Millionen Fahrgäste.
Vor allem auf der Schiene will die Bahn weiter zulegen. Mit zusätzlichen Zuckerln für potenzielle Bahnfahrer: Ab dem Sommer wird es eine neue VorteilsCard geben, die nur noch 66 Euro statt 99 Euro für die klassische Karte kostet. Mit der VorteilsCard – die 12 Monate lang gilt – fährt man zum halben Preis. Die neue Karte ist nur noch online buchbar.
Der Postbus verlor wegen der zunehmenden privaten Konkurrenz dagegen im geringen Ausmaß Marktanteile. Und bekommt auf dem Fernbus-Markt zusätzliche Konkurrenz von ausländischen „Kollegen“auf der Schiene: Die italienischen Staatsbahnen FS wollen mit ihrer Fernbus-Tochter Busitalia Fast bald auch Destinationen in Österreich ansteuern.
Bis 2022 steht der Bahn ein personeller Kraftakt bevor. Sie braucht rund 10.000 neue Mitarbeiter, um die in die Jahre gekommene 40.000 Personen große Belegschaft zu verjüngen. Derzeit sind drei Viertel der Eisenbahner älter als 40 Jahre, mehr als 9000 sind zwischen 51 bis 55. Bis 2020 steigt das Durchschnittsalter auf 49,6 Jahre. Matthä: „Wir werden uns mit der Industrie um Fachkräfte raufen müssen.“