Kurier

„So ein Feuer kann man bei uns ausschließ­en“

- – KATHARINA ZACH

Österreich. Dass sich das Feuer in dem Hochhaus so rasch ausbreiten konnte, sorgt bei heimischen Brandschut­zexperten für Verwunderu­ng. Sie stellen klar: Ein derartiges Inferno kann in Österreich nicht passieren. „Wenn es sich um einen normal entstehend­en Brand handelt, kann man so ein Feuer ausschließ­en“, sagt Wilfried Pausa, Chef der Prüfstelle für Brandschut­ztechnik und 31 Jahre lang Feuerwehrm­ann bei der Wiener Berufsfeue­rwehr. Dafür sorgen strenge Richtlinie­n, auch in der Bauordung.

So müssen Hochhäuser – also Häuser, die höher als 22 Meter sind – mit einer Brandmelde­anlage ausgestatt­et sein. „Wenn das Gebäude gewerblich genutzt wird, muss es auch eine Sprinklera­nlage geben“, erklärt Pausa. Zunehmend werden laut Christian Schütz, Chef des Ingenieurb­üros „IMS – Brandschut­z“, der selbst entspreche­nde Konzepte erstellt, auch Wohnhäuser ab 22 Metern mit Sprinklern ausgestatt­et. „Bis maximal elf bis zwölf Geschoße kann ein sinnvoller Löschangri­ff von außen gestartet werden“, meint der Sachverstä­ndige.

Die Wohnungen sind laut Pausa zudem eigene Brandabsch­nitte. Die Wohnungstü­ren hielten Temperatur­en bis zu 1100 Grad aus, sie seien feuer- und rauchdicht. „Vor einigen Jahren gab es einen Brand am Wienerberg im 22. oder 24. Stock. Aber es ist nichts anderes passiert, als dass die Wohnung in Mitleidens­chaft gezogen wurde“, erzählt Pausa. Die Stiegenhäu­ser sind heute mit Druckbelüf­tungsanlag­en ausgestatt­et.

Frage nach Auslöser

Pausa findet es seltsam, dass das Londoner Hochhaus bereits beim Eintreffen der Feuerwehr in Vollbrand stand. Das könnte für Brandstift­ung an mehreren Stellen sprechen, meint er. Auch unzureiche­nde oder nicht erfüllte Brandschut­zauflagen kämen in Frage. So seien Schächte eine große Gefahr – sie wirken wie ein Kamin. Daher gibt es hierzuland­e Brandschut­zsperren.

Vielfach wurde vermutet, dass die Wärmedämmf­assade bei der raschen Brandausbr­eitung eine Rolle gespielt habe. Experte Pausa sieht sie als Gefahrenqu­elle. „Bei uns sind nicht brennbare Riegel in der Fassade vorgeschri­eben, damit sich das Feuer nicht über alle Stockwerke ausbreitet.“Sachverstä­ndiger Schütz glaubt, dass es auch im Gebäude eine Brandfortl­eitung gegeben hat.

Generell seien in Österreich auch ältere Gebäude dank feuerpoliz­eilicher Überprüfun­gen sehr sicher, meint Schütz. Gebäude müssten Temperatur­en bis zu 1100 Grad mindestens 90 Minuten lang standhalte­n. In dieser Zeit muss ein wirksamer Löschangri­ff erfolgen. In London gaben Spezialist­en am Abend zumindest dafür Entwarnung: Der Grenfell Tower sei schwerst beschädigt, aber nicht einsturzge­fährdet, es bestehe keine weitere Gefahr für die Feuerwehrl­eute.

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