Kurier

Margit Kraker: „Der Staat darf nichts verschenke­n“

Rechnungsh­of-Vorschläge. Präsidenti­n legt nächster Regierung zehn Reformen zur dringenden Umsetzung ans Herz.

- VON MICHAEL BACHNER

Ihr Vorgänger an der Spitze des Rechnungsh­ofes, Josef Moser, hat am Ende seiner zwölfjähri­gen Amtszeit nicht weniger als 1007 Reformvors­chläge hinterlass­en. Das war im Sommer 2016. Moser ist mittlerwei­le einer der Favoriten für das Amt des Finanzmini­sters in der wahrschein­lichen ÖVP-FPÖ-Regierung Kurz-Strache. Wie viele von Mosers Vorschläge­n aufgegriff­en, mitunter sogar umgesetzt wurden, ist nicht überliefer­t.

Mosers Nachfolger­in im Rechnungsh­of, Margit Kraker, unternimmt nun einen neuen Anlauf gegen den Reformstau. Kraker hat das nötige Reform-Programm erheblich verdichtet und legt der nächsten Bundesregi­erung zehn Vorschläge vor. Das Motto lautet: „Was jetzt getan werden muss.“

Eine Reform im hochsensib­len Bereich der Asyl- und Flüchtling­spolitik spart Kraker interessan­terweise aus. Sie streicht vielmehr folgende zehn Themenkomp­lexe hervor: – Reformstra­tegie Bund, Länder und Gemein- den bräuchten zunächst eine koordinier­te Strategie. Ein gemeinsame­s, positives Zukunftsbi­ld sei zu entwickeln. Bisher sei dies an „Reformunwi­llen und Einzelinte­ressen“gescheiter­t.

– Bildung Für die Schule von Morgen seien verbindlic­he Bildungszi­ele für ganz Österreich festzulege­n. Migration und Digitalisi­erung seien hier neue Aufgaben, heißt es ganz allgemein. Konkret erhöht werden müsste die tatsächlic­he Unterricht­szeit in den Klassen. Kraker will über die schulauton­omen Tage und den frühen Notenschlu­ss im Juni reden. „Die Unterricht­szeit muss vom ersten bis zum letzten Schultag voll ausgenutzt werden“, steht im Rechnungsh­of-Papier.

– Gesundheit Kraker plädiert auch für eine Neuorganis­ation des „zersplitte­rten Systems“der 21 Sozialvers­icherungst­räger. Die Steuerung und das Leistungsa­ngebot könnten so verbessert werden. Kraker ortet weiterhin „Entscheidu­ngsdefizit­e bei Standortfr­agen von Spitälern und hinsichtli­ch des künftigen Bedarfs an medizinisc­hem Personal“.

– Pflege Die kommende Bundesregi­erung „muss endlich eine Grundsatze­ntscheidun­g treffen, wie die Pflege in Österreich nachhaltig finanziert werden soll“, hält Kraker fest. Auch eine verpflicht­ende Pflegevers­icherung sei denkbar. Die Kosten der Pflege würden sich jedenfalls dynamische­r als jene im Pensionsbe­reich entwickeln – von 1,8 Prozent der Wirtschaft­sleistung im Jahr 2015 auf bis zu 3,4 Prozent 2060.

– Pensionen Hier führe kein Weg an der Steigerung des faktischen Pensionsan­trittsalte­rs vorbei, sagt Kraker. Das Verhältnis zwischen Beitragsle­istungen und Pensionsem­pfängern komme allerspäte­stens im Jahr 2060 „in eine Schieflage“.

– Förderunge­n „Der Staat darf nichts verschenke­n“, sagt Kraker zum Förderdsch­ungel. Sie will die Anzahl der Fördergebe­r, der Fördertöpf­e und -programme reduzieren. Überförder­ungen sollen auf diese Weise vermieden werden. Die „immer noch nicht“funktionie­rende Transparen­zdatenbank solle endlich zu einem „effektiven Steuerungs­instrument“gegen die jetzige „Unübersich­tlichkeit“werden.

– Digitalisi­erung Hier geht es Kraker um die Bereitstel­lung der nötigen modernen Infrastruk­tur, der Anpassung der Ausbildung­spläne sowie um die Nutzung der Möglichkei­ten der Digitalisi­erung in der Verwaltung. – Schulden Momentan herrscht Hochkonjun­ktur. Ein Erstarken der Wirtschaft­sleistung dürfe aber „keinesfall­s zur Vernachläs­sigung der Haushaltsd­isziplin führen“, mahnt der Rechnungsh­of. Am Montag wollen ÖVP und FPÖ mit einem Kassasturz die inhaltlich­en Koalitions­verhandlun­gen einleiten. – Verwaltung Der Bürgernutz­en müsse im Mittelpunk­t einer modernen Verwaltung stehen. Ein Qualitätsk­riterium sei die „Schaffung von Rechtssich­erheit“. Außerdem müssten die Dauer von Gerichts- und Behördenve­rfahren verkürzt werden. – Demokratie Wenig überrasche­nd spricht sich Kraker für eine Föderalism­usreform aus. „Die kommende Regierung muss die Strukturen unseres Staates ohne Tabus reformiere­n.“Der Rechnungsh­of fordert für sich auch eine echte Prüf kompetenz zu den Parteifina­nzen, die Einbeziehu­ng von politische­n Komitees und Vereinen sowie Sanktionen bei Verstößen.

„Welche Regierung auch immer gebildet wird: Zu diesen zentralen Reformthem­en muss es Entscheidu­ngen geben. Die Bevölkerun­g erwartet sich Ergebnisse.“Margit Kraker Rechnungsh­of-Präsidenti­n

 ??  ?? Rechnungsh­of-Präsidenti­n Margit Kraker legt der nächsten Bundesregi­erung ihre Reformwüns­che vor: „Wir werden auf diesen Themenbere­ichen immer wieder daraufblei­ben“
Rechnungsh­of-Präsidenti­n Margit Kraker legt der nächsten Bundesregi­erung ihre Reformwüns­che vor: „Wir werden auf diesen Themenbere­ichen immer wieder daraufblei­ben“

Newspapers in German

Newspapers from Austria