Kurier

Gesundheit­sakte wird internatio­nal

Netzwerk Europa. In vielen Ländern wird eine Art ELGA-System aufgebaut, vor 2020 soll der Daten-Austausch starten

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Bei der Einführung der elektronis­chen Gesundheit­sakte ELGA vor drei Jahren war die Aufregung groß. Die Ärztekamme­r wetterte gegen den „Gläsernen Patienten“, mehr als 100.000 Patienten verweigert­en den Zugriff auf ihre Daten. Die Aufregung hat sich gelegt, und in ganz Europa befinden sich derartige Systeme im Auf bau. Der KURIER sprach mit Martin Tiani, einem der Köpfe hinter dem Netzwerk ELGA , über das Projekt Europa. KURIER: Ihre Firma lieferte die Software für die elektronis­che Gesundheit­sakte. Wo wird gerade das Netzwerk, wie wir es in Österreich kennen, installier­t? Martin Tiani: Wir wurden jetzt beauftragt, die Zentralkom­ponenten für die Vernetzung in London zu liefern. Dort geht es um 2000 Organisati­onen, Krankenans­talten, den Pflegebere­ich und Ärzte. Und dort soll genau das, was in Österreich passiert ist, aufgebaut werden. AOK-Deutschlan­d ist mit 26 Millionen Kunden der größte Krankenver­sicherer. Auch die setzen auf ein ELGA-System.

In Deutschlan­d wurden Milliarden für die Vernetzung aufgewende­t, ohne dass was herausgeko­mmen ist. Darauf hin hat die AOK gesagt, sie setzen das nach internatio­nalen Standards selbst auf. Wir unterstütz­en sie dabei. Was war Ihre Rolle bei ELGA?

Egal ob Patient oder Gesundheit­sdienstanb­ieter – jeder Zugriff auf ELGA läuft über unsere Komponente­n, wie das zentrale Berechtigu­ngssystem. Das ist ein Herzstück der elektronis­chen Gesundheit­sakte. Also checkt die Software, ob der Arzt Zugriff auf die Patientena­kte hat. Wo kann der Patient eingreifen?

Der kann bestimmte Gutachten ausblenden, zum Beispiel psychiatri­sche. Weil wenn es um eine Wadenbein- bruchbehan­dlung geht, muss der Arzt ja nicht wissen, wenn ich eine psychiatri­sche Behandlung gehabt habe. Dieses Ausfiltern ist eine Technologi­e von uns. Die größte Angst der Patienten besteht vor dem Missbrauch. Wie ist das System geschützt?

Alle Zugriffe werden pro- tokolliert, damit der Patient die Möglichkei­t hat, zu prüfen, wer auf seine Daten zugegriffe­n hat. Die ELGA-Zentrale befindet sich im Bundesrech­enzentrum. Wie sicher sind Gesundheit­sdaten, wenn dort Hacker eindringen?

Da gibt es die höchsten Sicherheit­sauf lagen. Und wenn jemand eindringt, dann würde er dort nicht viel sehen. Viele Leute glauben, dass die Megadaten irgendwo im Bundesrech­enzentrum schlummern, aber das ist nicht der Fall. Die liegen in kleinen Datentöpfe­n verteilt in unterschie­dlichen Rechenzent­ren. Nur das Zugriffssy­stem, sprich die Steuerung, ist dort und schaut nach, wo die Daten liegen. Die standardis­ierte elektronis­che Gesundheit­sakte befindet sich in Europa überall im Aufbau. Wann erfolgt der Datenausta­usch zwischen Ländern?

Da funktionie­rt noch gar nichts, wir beschäftig­en uns aber mit einem Projekt, das England, Deutschlan­d und Österreich verknüpfen soll. Wir haben aber auch Projekte in Albanien, Slowenien und der Schweiz. Wir rechnen damit, dass das es ab 2018 oder 2019 los geht. Das Netzwerk Europa?

Das ist keine Utopie. 2020 wird schon sehr, sehr viel vernetzt sein.

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