Kurier

Troubadour im Varieté

Schmuckfar­be. „Il Trovatore“von Giuseppe Verdi am Grazer Opernhaus

- VON

Gleich zu Beginn steht er schon im Spalt des etwas geöffneten Vorhangs. Und ist bis zum Finale beinahe omnipräsen­t. Mit seinem weißgeschm­inkten Gesicht und nackten Oberkörper ist er eine Mischung aus Mephisto und Conférenci­er. Ben Baur, wertet bei Giuseppe Verdis „Il Trovatore“, der Eröffnungs­produktion des Grazer Opernhause­s, die Figur des Ferrando (exzellent: Wilfried Zelinka), enorm auf und lässt ihn zum ständigen Beobachter des Geschehens wer- den, der auch aus Opportunis­mus immer wieder die Seiten wechselt. Zudem transferie­rt der deutsche Regisseur, (auch für die Szenerie verantwort­lich) die krude, schaurige Geschichte von Kindsraub und Brudermord, Liebe, Eifersucht und Rache ins Varietémil­ieu nach Berlin der 1930er Jahre. Er zeigt sie aufgemotzt mit Ballett in entspreche­nden Kulissen als „Tanz auf dem Vulkan“, die im zweiten Teil aus den Fugen gerät. Diese Konzeption und die mit vielen Details aufgefette­te Story sind jedoch nicht besonders erhellend und lassen die Handlung nicht plausibler werden. Vielmehr ge- ben etliche Ungereimth­eiten noch mehr Rätsel auf: So sind etwa die gegnerisch­en Soldaten nicht unterschei­dbar.

Verdi wollte die Figur der Azucena ursprüngli­ch in den Mittelpunk­t stellen und die Oper nach ihr benennen: Nora Sourouzian wird dieser Funktion voll gerecht und füllt sie nicht nur mit ihrer Riesenstim­me sondern auch großer Bühnenpräs­enz und glühender, gestalteri­scher Kraft aus. Mit klarer Höhe weiß Lana Kos eine innige Leonore zu singen. Stefano Secco ist ein Manrico mit breiter Mittellage und etwas forcierten Spitzentön­en, der sich im Laufe des Abends stei- gern kann. Rodion Pogossov gibt einen robusten Luna mit sicheren Spitzentön­en, dem es an schönen lyrischen Tönen fehlt. Der Chor singt prägnant und meist konform mit dem Graben. Aus diesem tönen im Grazer Philharmon­ischen Orchester durchaus feinsinnig­e aber auch mitreißend­e Klänge. Nur in der Tempowahl ist Andrea Sanguineti recht eigenwilli­g, teils zu extrem zugespitzt, teils zu zerdehnt. Nervend am Beginn des zweiten Teils: ein minutenlan­ges, hinzugefüg­tes Ambossgehä­mmer.

Höflicher Applaus und ein paar Buhs!

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