Mantua liegt jetzt in Manhattan, und der Präsident ist der Bösewicht
Kritik. Verdis „Rigoletto“am Landestheater Linz als szenische Abrechnung mit Donald Trump.
Wir befinden uns im 67. Stock eines Wolkenkratzers mit Blick auf die Skyline von New York. In diesem opulenten Penthouse herrscht purer Luxus: Die Wände sind golden verspiegelt, das neobarocke Mobiliar teuer, in der Mitte ein oft benützter Lift (Bühne: Harald B. Thor).
Die Frisur hält
Hier herrscht der Herzog mit seiner vergnügungssüchtigen, dekadenten Entourage. Champagner fließt in Strömen, hübsche, leicht bekleidete Mädchen marschieren wie bei einer Misswahl auf. Und dann tritt er selbst auf: Im dunkelblauen Anzug und mit einer Frisur à la Donald Trump.
Andreas Baesler konnte der Versuchung offenbar nicht widerstehen, Giuseppe Verdis „Rigoletto“am Landestheater Linz in die Gegenwart zu verlegen, aus dem narzisstischen, skrupello- sen, amourös zügellosen Herzog von Mantua den US-Präsidenten zu machen und die Handlung direkt im TrumpTower in Manhattan spielen zu lassen. Hier wohnt auch Rigoletto, allerdings in einem anderen Stock mit einer zaunumzäunten Spielwiese und Unmengen von pinken Stofftieren von Gilda. Sparafucile herrscht hingegen im Keller samt Autowrack als Liebesspielwiese.
Allein, irgendwie wirkt die Konzeption aufgesetzt und sehr plakativ und wurde vom Publikum zum Schluss hörbar mit einigen Buhs abgelehnt. Eine wirklich präzise und emotional tief berührende Personenführung war nur ansatzweise zu erkennen.
Die Stimme sitzt
Gesungen wird gut: Federico Longhi erlebt man in der Titelpartie anfänglich mit einigen Intonationstrübungen, aber mit riesiger Stimme und Präsenz. Hyojong Kim ist ein Brutalist und kann seinen prächtigen Tenor mit allen ungefährdeten Höhen präsentieren. Mädchenhaft, innig singt Julia Sitkovetsky die Gilda mit saubersten Koloraturen.
Dominik Nekel ist ein etwas zu derb orgelnder Sparafucile. Jessica Eccleston ist eine eher blasse Maddalena. Bei den kleineren Partien fällt Nikolai Galkin als stimmgewaltiger Monterone auf. Stimmkräftig vernimmt man auch den Herrenchor des Hauses. Martin Braun lässt im Bruckner Orchester Linz zügig und dramatisch zugespitzt musizieren. Er nimmt Rücksicht auf die Sänger und lässt reiche Farbvaleurs zu. Manches gerät jedoch zu trocken, es fehlt etwas an Italianitá und Emotionalität.