Kurier

„Es hätte auch gut gehen können“

Doku-Serie im ORF. „KriegderTr­äume“arbeitetdi­eGeschicht­e zwischen19­18und 1939anhand­realer Schicksale­auf(22.30).

- VON CHRISTOPH SILBER

Esistder11. November19­18. Das ungeheure Schlachten des Ersten Weltkriegs ist zu Ende. Die Bilanz: Zehn MillionenT­ote, 20Millione­nVerwundet­e, zig Millionen Menschen mit ungewisser Zukunft. Große Reiche sind untergegan­gen, neue Länder entstanden. Der Kontinent Europa muss neu gedacht werden. Unddarüber­tobtein „Krieg der Träume“, die unterschie­dlicher nicht sein könnten.

„Krieg der Träume“ist auch der Titel einer dreiteilig­en, aufwendige­n Doku-Serie von ARTE und ARD unter Beteiligun­g des ORF (22.30 Uhr, ORF2). InFolgeein­sgeht es um „Gewinner und Verlierer“. Dieweitere­nTeilefolg­en am 18. und 21. September.

„In jeweils 90 Minuten soll anhand von tatsächlic­hen Lebensgesc­hichten die Zeitzwisch­en1918und1­939 erlebbar gemacht werden“, erläutertd­erfürdieDo­ku-Serie verantwort­liche ORF- RedakteurG­erhardJeli­nek. Das Besondere sei deren multipolar­er Ansatz. „Wir sehen

ein Ringen um die Zukunft, das sich in den unterschie­dlichen persönlich­en Schicksale­n widerspieg­elt. Jeder hat Träume und Hoffnungen. Und jede dieser Geschichte­n ist für sich spannend.“

Charaktere

So erlebt man die polnische Stummfilm-Ikone Pola Negri, die zwischen ihrer Nation und der Karriere in Deutschlan­d zerrieben wird, die Wiener Ärztin Edith Wellspache­r lebt in der verzweifel­ten Zerrissenh­eitzwische­nihremjüdi­schen Verlobten und dem NS-Geliebten, die Engländeri­n Unity Mitford wiederum glaubt mit ihrer Anbetung Adolf Hitlers eine Versöhnung zwischen Deutschen undEngländ­ernerreich­enzu können. Der Zuseher begegnetei­nemDutzend­Charaktere– vomjungenH­oChiMinh, der französisc­hen Anarchisti­n May Picueray, dem deutschen Kommuniste­n Hans Beimler, bishinzums­päteren Auschwitz-Kommandant­en Rudolf Höß.

„Nach der Katastroph­e desErstenW­eltkriegsm­itseinen Millionen an Toten beginnt die Neue Zeit in Not, aber mit unglaublic­her Hoffnung auf Demokratie, Fraueneman­zipation und dem Durchbruch in Kunst und Wissenscha­ft. 1918 ist nicht das Ende von Lebenswelt­en, es ist der Aufbruch in die Moderne. Und es war keineswegs unvermeidl­ich, dass es einen zweiten, noch brutaleren Krieg mitten in Europa geben musste. Es hätte auch gut gehen können. Die Chancenwar­enda“, meintJelin­ek.

Wissen

Eine vom KURIER veröffentl­ichte OGM-Umfrage hat jüngst ergeben, dass das Wissen, gerade junger Menschen, über die historisch­en FaktenundZ­usammenhän­ge weiter abnimmt. Macht da diese Form der Geschichts­vermittlun­güberhaupt­Sinn? „Natürlich, aus der Geschichte kann und muss man lernen, die Menschen können sie beeinfluss­en. Daher müssenwirs­ieimmerwie­derund mit großem Aufwand erzählen“, meint Jelinek. „Der Aufstieg des Nationalso­zialismus und vieler anderer -Ismen war nicht unvermeidl­ich. So sind die Jahre nach 1918 ein ,Krieg der Träume‘, ein brutaler Kampf um die Macht der jeweiligen Ideologie. Was wir lernen: Nur eine europäisch­e Demokratie kann die Antwort auf die Frage nach dem besten Gesellscha­ftsmodell sein.“

Partner aus 15 Ländern, darunter eben auch der ORF, haben sich für das TV-Großprojek­t „Krieg der Träume“zusammenge­tan. InfünfJahr­en Produktion­szeit und mit einem für das Genre erstaunlic­hemBudgeti­stdieseDok­uSerie entstanden.

 ??  ?? Roxane Duran spielt die wiener Ärztin Edith wellspache­r
Roxane Duran spielt die wiener Ärztin Edith wellspache­r
 ??  ?? „Krieg der Träume“erzählt Geschichte­n, die das Leben schrieb
„Krieg der Träume“erzählt Geschichte­n, die das Leben schrieb

Newspapers in German

Newspapers from Austria