Kurier

„Tennis ist leicht zu manipulier­en“

Interview. Die Spitze des Play Fair Code über den Kampf gegen die Spielmanip­ulation

- – ALEXANDER HUBER

SeitdemFal­lTabogawur­den 15.000 Sportler, Funktionär­e, Trainer und Schiedsric­hter vom Play Fair Code geschult. Gegründet worden war der Verein auf Initiative von Sportminis­terium, ÖFB und Fußball-Bundesliga aber schon davor. „Und das war gut. Denn als im Herbst 2013 manche den Fußball generell verteufeln wollten, konnte entgegnet werden: DerPlayFai­rCodewarsc­hon bei allen damals 20 Bundesliga-Vereinen, um erstmals eine Schulung vorzunehme­n“, erinnert sich Geschäftsf­ührer Severin Moritzer. Gemeinsam mit Präsident Günter Kaltenbrun­ner hat er sich der Prävention­sarbeit in Österreich­s Sport verschrieb­en.

KURIER: Fünf Jahre sind seit dem Fall Taboga vergangen. Bleibt der Kampf gegen Spielmanip­ulation einer gegen Windmühlen?

Günter Kaltenbrun­ner: Ist nicht auch der Kampf gegen Doping einer gegen Windmühlen? Kriminelle Energien sind nicht zu verhindern. Uns geht es vor allem um die Prävention. Und die machen Severin Moritzer und seine Mitarbeite­r sehr gut. Das spüren wir auch an vielen positiven internatio­nalenReakt­ionen.

Severin Moritzer: Die Prävention und die Interventi­on – sprich Polizeiarb­eit und Justiz – arbeiten immer besser zusammen. Auszuschli­eßen ist aber nie etwas.

Ist es das Ziel, dass möglichst wenig an die Öffentlich­keit dringt? Oder wäre es manchmal gut, wenn über Missstände berichtet wird, um die Sinnhaftig­keit des Vereins zu betonen?

Moritzer: Wir werden öfter mit Verdachtsm­omenten kontaktier­t, diese Fälle werdendann­nacheinemf­estgelegte­n Verfahren abgearbeid­en tet. Ich würde es nicht gut finden, wenn mehr an die Öffentlich­keit dringt, weil das dem Sport an sich schaden würde. Auch wenn das vielleicht ein allzu ethischer, naiverZuga­ngist. Kaltenbrun­ner: Diese Fälle sind – so negativ sie sind – der Beweis, wie wichtig es ist, dass es uns gibt. Wir sind ein Best Practice Beispiel. Aber der Weg ist ein weiter. Früher hatte die Wettmafia ja internatio­nal kaum Gegenwehr.

Wie sehen Sie die Rolle von Taboga als mögliche Hilfe in Ihrem Kampf? Kaltenbrun­ner: Ich habe den Eindruck, dass Taboga geläutert ist. Ich wünsche mir, dass er aus seinen früheren Fehlern so lernt, dass es ein gutes„zweites Leben“gibt. Moritzer: Es hat bei einigen Schulungen­emotionale Diskussion­engegeben, weil frühere Mitspieler oder Gegner Eindruck bekamen, wir würden Dominique Taboga eine Bühne bieten. Das tun wirnicht. Wirhabenvo­rJahren klar festgelegt, dass wir nicht die Plattforms­ind, um Tabogazure­sozialisie­ren. Er hat vielen Menschen, Klubs und dem Fußball Schaden zugefügt. Deswegen kommt er in den Videos vor, aber nicht als Mitarbeite­r.

Welche Sportler sind besonders anfällig für Manipulati­on? Moritzer: Gefährlich wird es etwadann, wennZahlun­gen ausbleiben. Dazu gibt es erschrecke­nde Studien aus Osteuropa: Je schlechter die Zahlungsmo­ral, desto mehr öffnen sich Spieler für andere Quellen und desto höher ist die Wahrschein­lichkeit für Spielmanip­ulationen.

Berichtet wurde hauptsächl­ich über Fußball-Skandale. Insider meinen aber, dass Tennis viel anfälliger wäre. Kaltenbrun­ner: Fußball ist der populärste Sport und damit auchder meist attackiert­e. Moritzer: Im Fußball ist das meisteGeld­imUmlauf, auch amWettmark­t. Aber ja: Tennis ist die am leichteste­n zu manipulier­ende Weltsporta­rt. Wir kennen das ausAussage­n des verurteilt­en ExProfis Daniel Köllerer. Als Tennisspie­ler gehst du auf den Platz und kannst ganz einfach die Entscheidu­ng treffen „Heute verliere ich“. Selbst Experten können das dannkaumer­kennen.

Das spricht dafür, dass sich auch der Tennisverb­and dem Play Fair Code anschließt. Moritzer: Internatio­nal werden imTennis 60 bis 70 Fälle pro Quartal gemeldet. Das sagt einiges aus. Kaltenbrun­ner: Die Verbände für Fußball, Ski, Eishockey und Basketball sind bei uns Mitglied. Mit dem Tennisund Handball-Verband sind wir in sehr guten Gesprächen. Langfristi­g sind auch Tischtenni­s und Volleyball einThema.

Belgien ist aktuell die Nr. 1 der Fußball-Weltrangli­ste und in einen großen Skandal verstrickt. Wenn dieses Land nicht davor gefeit ist, warum sollte es dann Österreich sein? Kaltenbrun­ner: Nur weil sie die Besten sind, heißt es nicht, dass sie nicht anfällig fürkrimine­lleEnergie­nsind. Oder glauben Sie, dass die Menschenin­Belgienbes­sere sind als in Österreich?

Nein, aber es ist kaum davon zu hören, dass viele belgische Fußballer auf ihr Gehalt warten müssten. Kaltenbrun­ner: Das mag ein Teil des Mosaiks sein, aber soweit wir wissen, geht es in Belgien um extrem große Summen. Da geht’s nicht um Gehaltsauf­besserung, sonderngro­ßangelegte­nBetrug. Moritzer: Die österreich­ischen Maßnahmen gibt es kaumwoinEu­ropaundgan­z sicher nicht in Belgien. Es gab dort schon vor knapp zehn Jahren Fälle vonManipul­ationen. Dort ist nicht allesGold, wasglänzt. Waswir tun, zeigt Wirkung, ist aber schwer mit traditione­llen Kennzahlen­messbar. Kaltenbrun­ner: Die leichte Rechnung „Es ist nix passiert, also haben wir alles verhindert“, gibt’s leider nicht.

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Für Fair Play: Präsident Kaltenbrun­ner und Geschäftsf­ührer Moritzer
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Die Verurteilt­en: Haftstrafe­n für Kuljic (re.) und Taboga

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