„Klasse“in der Tagesklinik
Sonderklasse-Patienten. Immer öfter können Spitalspatienten noch amTag eines Eingriffs nachHause gehen. Den Spitälern entgeht dadurch Geld. Das soll sich ändern.
Verkürzte Wartezeit auf der Unfallambulanz – Stichwort Überholspur für Sonderklassepatienten? Bevorzugtemedizinische Behandlung, weil der Patient eine Krankenzusatzversicherung hat? „Das kommt nicht und war auch nicht geplant,“sagt Kanzler Sebastian Kurz. Mehr noch: „Wir lehnen das klarabundschreibendasnotfalls explizit ins Gesetz.“
Wie kam die Aufregung um „Vorrang“für Patienten mit privater Zusatzversicherung überhaupt zustande?
In einer Novelle zum Kranken- und Kuranstaltengesetz (KAKuG) steht: „Zur Unterstützung der Umsetzung des spitalsambulanten Abrechnungsmodells haben die Länder die Möglichkeit, die Einhebung von Sonderklassegebühren für jene Leistungen vorzusehen, die bisher stationär erbracht und für die die Verrechnung von Sonderklassegebühren möglich war, ... Der Einhebung solcher Sondergebühren haben adäquate Leistungen gegenüber zu stehen.“Die Opposition deutet dies als Bevorzugung von Zusatzversicherten in AmbulanzenundTageskliniken. Eswerde ein schnellerer VIP- und ein „Holzklasse-Eingang“(Generalsekretär des SPÖPensionistenverbandes) geschaffen. Stimmt nicht, sagt die Regierung.
Warum muss das Gesetz novelliert werden? Gibt es viele Eingriffe, die früher mit mehrtägigem Spitalsaufenthalt verbunden waren – heute in Tageskliniken gemacht werden ?
In nahezu allen medizinischen Bereichen können viele Operationen so erfolgen, dass der Patient noch amTag des Eingriffs nach Hause gehenkann. EingriffewieGrauerStar, Arthroskopieodergar Herzkatheter werden heute in Tageskliniken durchgeführt, entsprechende Leistungskataloge verpflichten die Krankenhäuser sogar dazu. Laut Statistik Austria haben die Eingriffe in Tageskliniken massiv zugenommen: um rund 66 Prozent in zehn Jahren. Durch den Wegfall der stationären Aufenthalte gehen den Spitälern aber wichtige Einnahmen verloren. Laut Ärztekammer geht es um rund zehn Prozent der Einnahmen eines Spitals.
„Die ärztliche Behandlung ist für alle Versicherten dieselbe“, halten Krankenhausbetreiber wie der Verband der Versicherungsunternehmen Österreichs fest. Natürlich bekommen jene, die einige hundert Euro proMonat für ihreZusatzversicherung zahlen, bessere, nicht-ärztliche Leistung gebotenwie beispielsweisegrößere Auswahl bei Mahlzeiten, Einzel- bis maximal Zweibettzimmer, freie AuswahldesArztesoderflexiblere Besuchszeiten.
Was könnte sich für die Sonderklassepatienten durch die Novelle ändern?
Mögliche Maßnahmen listet der Versicherungsverband in seiner Stellungnahmeauf:„EigenerWartebereich (Lounge) – vergleichbar mit Wartebereichen am Flughafen oder mit Erste-Klasse oder Businessabteilen im Zug, eigener Sonderklasse-Schalter, Angebot an Erfrischungen (Kaffee, Tee, Säfte, Wasser), und Lektüre (Tageszeitungen, Journale, Bücher) sowie „abgeschirmte Umkleidemöglichkeit mit sicherer Verwahrungsmöglichkeit von KleidernundWertsachen oderWiFi-Zugang und kostenlose Parkmöglichkeit am Areal des Krankenhauses.“
Aber was heißt das für das Gesundheitssystem? Die Ärztekammer begrüßtdieÄnderung, denndamit würde „die ambulante Versorgung wieder auf den neuesten medizinischen Stand gebracht“und verhindert, dass „künftig ambulante Leistungen an PrivatversichertennurinPrivatspitälern erbracht und öffentliche Spitäler für Ärzte sowie Patienten unattraktivwerden.“
Die SPÖ ist wütend. „Wohlhabende dürfen sich künftig beim Warten in bequemen Massagesesseln an Snacks und Getränken laben und werden zum Wahlarzt durchgewunken, während normalversicherte Schmerzpatienten in der Ambulanz warten müssen“, sagt SPMandatar Hannes Jarolim. Neos-Mandatar Gerald Loacker widerspricht dem Bundeskanzler, die Regierung wolledasso:„DerKanzlersoll zu diesem Murks stehen und ihn reparieren, anstatt sich abzuputzen.“