USA drohen mit Kriegsschiff
Russland – Ukraine. Explosive Lage imSchwarzen Meer, in der Ost-Ukraine wird vermehrt gekämpft
Mit einem Scharmützel zwischen Marinebooten hatte es angefangen. Mit einer breiteren Eskalation zwischen der Ukraine und Russland hatte es sich fortgesetzt. Auch in der Ostukraine, wo es zuletzt zu einem massiven Anstieg von Verletzungen des Waffenstillstands kam. Und jetzt erhält der Konflikt eine zusätzliche Dimension: Die USA bereiten laut US-Sender CNN die Entsendung eines Kriegsschiffes ins Schwarze Meervor. Bei türkischenStellen sei eine Bosporus-Durchfahrt angemeldetworden.
Zwar ist die Präsenz amerikanischer Kriegsschiffe im SchwarzenMeerkeine Besonderheit (zuletzt im Oktober, davor im August), aber angesichts der Krise um das Asowsche Meer birgt diese durchaus Brisanz. CNN zitierte Regierungsquellen mit denWorten, dassdieEntsendungnicht fix sei, mansich dieOption offen halten wolle. Kiew hatte NATO-Staatenumdie Entsendung von Schiffen gebeten.
Derzeit ist die Lage in der Region extrem angespannt. Truppen auf der von Russland annektierten Krim hielten gerade erst eine Luftabwehr-Übung ab. Russische Stellen beschuldigten zudem Kiew, eine Offensive in der Ostukraine zu planen.
Und in all dem geht das Gezerreumdie Deutungshoheit des Auslösers der jüngsten Eskalationsspirale weiter: den Zwischenfall zwischen russischen und ukrainischen Marinebooten vor der Straße von Kertsch (die das Schwarze mitdemAsowschenMeerverbindet) am25. November. Dabei hatte die russische Küstenwache drei ukrainische Schiffe aufgebracht und 24 Seeleute gefangen genommen.
Gerammt, beschossen
Die Investigativplattform Bellingcat hat russische wie ukrainische Angaben zu dem Vorfall ausgewertet. Klar ist, dass die drei ukrainischen Schiffe am 25.11. um sieben Uhr morgens vor der Straße von Kertsch eintrafen und von russischen Schiffen zunächst gestoppt wurden. dann eskalierte die Lage: Ein ukrainisches Schiff wurde mindestens vier Mal gerammt, späterfallenSchüsse.
Zum einen stellt Bellingcat fest, dass sich die ukrainischenSchiffezeitweiseinnerhalb der 12-Meilen-Zone vor der von Russland annektierten Krim wie auch vor Festlandrussland befanden. Diese Zone definiert nationale Gewässer, was Russland im Fall der Krim geltend macht – wobeiderenAnnexionnicht internationalanerkanntwird und somit auch nicht diese Zone. Seerechtsexperten sehen aber auch in der bloßen Annäherung an die Straße von Kertsch keinen Verstoß.
Unklar ist, ob sich die ukrainischen Schiffe mit russischen Stellen koordinierten. Russlandsagtnein, dieUkraine sagt ja und verweist auch auf ein Abkommen aus dem Jahr 2003, das unter anderem die freie Nutzung der Straße von Kertsch vorsieht.
Äußerst wahrscheinlich ist auch, dass sich das Finale der Konfrontation in internationalenGewässernabspielte: Die Schüsse auf die ukrainischen Boote. Bellingcat zieht dazu Koordinaten heran, die der russischen Geheimdienst FSB angegeben hatte. Und die liegen mehr als 500 Meter außerhalb der 12-MeilenZone. Würde Seekriegsrecht gelten, wäre der Akt legal. Russland sieht sich aber nicht als Kriegspartei, und die gefangenen Seeleute müssten in einem solchen Fall als Kriegsgefangene behandelt werden. Angeklagt sind sie abervoreinemzivilenGericht.