Schnupfen kein Grund für Notruf
Wiener Berufsrettung. Blaulichtorganisationweist auf unnötige Anrufe hin und startet Social-Media-Kampagne
25.000 Einsätze verzeichnen die Rettungsorganisationen monatlich in Wien. Neben kleinen ErkältungssymptomenwieHustenundSchnupfen, ist die Leitstelle derWiener Berufsrettung auch mit kuriosen Anrufen konfrontiert. Besonders in Erinnerung behalten haben die Sanitäter einen Betrunkenen, der auf einem Baugerüst Klimmzüge machte und sich dabei an der Unterlippe verletzte.
Bis zu zehn Prozent der Anrufe seien laut Leiter Rainer Gottwald solcher Natur. „Wo ist die nächste Apotheke? Ich habe Kreuzschmerzen, kommeichinderAmbulanz schneller dran, wenn ich mit der Rettung fahre?“, seien ebenfalls keine Seltenheiten.
„Keine Service-Hotline“
„Natürlich wollen wir, dass die Leute 144 rufen, aber nur wenn es sich um einen Notfall handelt. 144 ist keine Servicehotline, wo ich alles Möglicheerfragenkann, sondern eine Notrufnummer, wo es um Leben und Tod geht“, appelliert er an die Bevölkerung. Mit Beispielbildern wird die Wiener Berufsrettung deshalb ab Freitag auf Facebook und Instagram auf das Problem hinweisen.„JederNotruf, der nicht abgesetzt wird, wenn ernichtnotwendigist, isteine gewonnene Ressource“, sagt Gottwald. LautBerechnungen könnten so bis zu 2000 Notrufe im Monat weniger verzeichnetwerden.
Denn die Patienten würden oftmals unterschätzen, was bei einem einzigen Anruf in Gang gesetzt werde. „Da ist wenigen bewusst, was hier passiert“, sagt er. Die Mitarbeiter am anderen Ende der Leitung klären innerhalb weniger Fragen ab, wie kritisch die Lage ist. Falls eine lebensbedrohliche Situation vorliegt, wird schon während des Gesprächs der Rettungswagen zum Patienten geschickt. „Es wird dadurch eine Kette in Gang gesetzt, wo es nur noch darum geht, so rasch wie möglich beim Patienten zu sein und lebensrettende Maßnahmen zu setzen“, erklärtGottwald.
Hausarzt aufsuchen
Er rät den Menschen, zuerst einen Arzt aufzusuchen. „Die erste Anlaufstelle sollte der Hausarzt sein. Ist dieser nicht zugegen, dann gibt es einen Hausarztersatz – und zwar den Ärztefunkdienst 141“, sagt er. Bei dem Funkdienst würden auch direkt Ärzte das Gespräch entgegennehmen. Außerdemgäbeesnoch dieGesundheitsline1450der StadtWien.
Innerhalb der vergangenen fünf Jahren sind die Einsatzzahlen um 25 Prozent gestiegen. Der Grund sei laut Gottwald auf mehrere Faktoren zurückzuführen. „Erstens weil Wien wächst, und zweitens, weil der Notruf zur ServiceHotlinemutiert“, schilderter. Auch die Polizei kämpft ihm zufolgemit diesen Problemen.
Laut dem Leiter der Berufsrettung liegt in einer Stadt die Hemmschwelle, den Notruf zu wählen, niedriger als auf dem Land. Die Situation sehe in ländlichen Regionen ganz anders aus. Denn Anonymität gebe es dort nicht.