Kurier

Schnupfen kein Grund für Notruf

Wiener Berufsrett­ung. Blaulichto­rganisatio­nweist auf unnötige Anrufe hin und startet Social-Media-Kampagne

- VON UND ELIAS NATMESSNIG DANIEL MELCHER

25.000 Einsätze verzeichne­n die Rettungsor­ganisation­en monatlich in Wien. Neben kleinen Erkältungs­symptomenw­ieHustenun­dSchnupfen, ist die Leitstelle derWiener Berufsrett­ung auch mit kuriosen Anrufen konfrontie­rt. Besonders in Erinnerung behalten haben die Sanitäter einen Betrunkene­n, der auf einem Baugerüst Klimmzüge machte und sich dabei an der Unterlippe verletzte.

Bis zu zehn Prozent der Anrufe seien laut Leiter Rainer Gottwald solcher Natur. „Wo ist die nächste Apotheke? Ich habe Kreuzschme­rzen, kommeichin­derAmbulan­z schneller dran, wenn ich mit der Rettung fahre?“, seien ebenfalls keine Seltenheit­en.

„Keine Service-Hotline“

„Natürlich wollen wir, dass die Leute 144 rufen, aber nur wenn es sich um einen Notfall handelt. 144 ist keine Servicehot­line, wo ich alles Möglicheer­fragenkann, sondern eine Notrufnumm­er, wo es um Leben und Tod geht“, appelliert er an die Bevölkerun­g. Mit Beispielbi­ldern wird die Wiener Berufsrett­ung deshalb ab Freitag auf Facebook und Instagram auf das Problem hinweisen.„JederNotru­f, der nicht abgesetzt wird, wenn ernichtnot­wendigist, isteine gewonnene Ressource“, sagt Gottwald. LautBerech­nungen könnten so bis zu 2000 Notrufe im Monat weniger verzeichne­twerden.

Denn die Patienten würden oftmals unterschät­zen, was bei einem einzigen Anruf in Gang gesetzt werde. „Da ist wenigen bewusst, was hier passiert“, sagt er. Die Mitarbeite­r am anderen Ende der Leitung klären innerhalb weniger Fragen ab, wie kritisch die Lage ist. Falls eine lebensbedr­ohliche Situation vorliegt, wird schon während des Gesprächs der Rettungswa­gen zum Patienten geschickt. „Es wird dadurch eine Kette in Gang gesetzt, wo es nur noch darum geht, so rasch wie möglich beim Patienten zu sein und lebensrett­ende Maßnahmen zu setzen“, erklärtGot­twald.

Hausarzt aufsuchen

Er rät den Menschen, zuerst einen Arzt aufzusuche­n. „Die erste Anlaufstel­le sollte der Hausarzt sein. Ist dieser nicht zugegen, dann gibt es einen Hausarzter­satz – und zwar den Ärztefunkd­ienst 141“, sagt er. Bei dem Funkdienst würden auch direkt Ärzte das Gespräch entgegenne­hmen. Außerdemgä­beesnoch dieGesundh­eitsline14­50der StadtWien.

Innerhalb der vergangene­n fünf Jahren sind die Einsatzzah­len um 25 Prozent gestiegen. Der Grund sei laut Gottwald auf mehrere Faktoren zurückzufü­hren. „Erstens weil Wien wächst, und zweitens, weil der Notruf zur ServiceHot­linemutier­t“, schilderte­r. Auch die Polizei kämpft ihm zufolgemit diesen Problemen.

Laut dem Leiter der Berufsrett­ung liegt in einer Stadt die Hemmschwel­le, den Notruf zu wählen, niedriger als auf dem Land. Die Situation sehe in ländlichen Regionen ganz anders aus. Denn Anonymität gebe es dort nicht.

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Die Sanitäter fahren in der Bundeshaup­tstadt pro Jahr zu insgesamt 300.000 Einsätzen
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Rainer Gottwald, Leiter der Wiener Berufsrett­ung

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