Zurück in die Zukunft: Nicolas Di Felice für Courrèges
Nach 12 Jahren an der Seite von Nicolas Ghesquière und einem Abstecher zu Dior unter Raf Simons ist der neu ernannte künstlerische Leiter von Courrèges Nicolas Di
Felice aktuell dabei, das Space-Age-Modehaus zu neuem Leben zu erwecken.
Sie wurden in der post-industriellen belgischen Stadt Charleroi geboren. Wie hat die Architektur Sie beeinflusst?
Es ist weniger die Architektur von Charleroi, die mich inspiriert, sondern eher ihre raue, dunkle Seite, die aber gleichermaßen lebendig ist. Ich liebe diese Stadt für ihre Kontraste. Was mich in meiner Arbeit inspiriert, ist genau dieser Unterschied zwischen Charleroi und Paris.
Wurde Ihr Interesse an Mode durch MTV geweckt?
Wir hatten keinen Zugang zu Modemagazinen. Es gab keine Reklametafeln. Also habe ich zwischen den 1980ern und 2000ern meine ersten Einblicke in die Welt der Mode auf MTV bekommen. Das half mir, zu verstehen, dass jeder seinen eigenen Charakter und sein eigenes Universum erschaffen kann.
Wie waren Ihre Jahre bei Balenciaga?
Von Nicolas Ghesquière habe ich Präzision gelernt. Obwohl ich schon davor ein sehr präziser Mensch war. Aber bei Balenciaga war es noch eine Stufe darüber. Jeder Stylist musste ein paar Stücke schneidern, jedes einzelne in Perfektion. Ich habe gelernt, nicht nur in meiner Arbeitsweise präzise zu sein, sondern auch in dem, was ich von den Menschen erwarte, mit denen ich arbeite.
Und mit Raf Simons?
Es war eine relativ kurze Zeit der Zusammenarbeit. Ich habe gute Erinnerungen an Raf, als er bei Dior war. Er ist ein romantischer und leidenschaftlicher Mensch. Aber sein Fokus bei Dior lag sehr stark auf dem Zeichnen. Als ich Student in „La Cambre“war, mussten wir Stücke auf eine pragmatische – nicht künstlerische Weise – zeichnen. Ich habe ein Jahr lang gezeichnet, aber was ich wirklich liebe, ist das Kreieren von Kleidung an der Puppe: zuschneiden, feststecken, anfertigen und umgestalten.
Die Mode von André und Coqueline Courrèges war geometrisch mit dem A-LinienMinirock, avantgardistisch in ihren Volumen und optimistisch in ihren Farben. Was ist Ihre Vision für Courrèges?
Was ich von ihrer Arbeit in erster Linie in Erinnerung habe, ist, dass ihre Kleidung dafür gemacht war, getragen zu werden. Das war ihr Wunsch. Ich mag Andrés Bestreben, seine Entwürfe auf die Straße zu bringen. Ich erinnere mich auch an sein Eifern nach Reinheit und Simplizität. Wenn man in einem traditionellen Modehaus anheuert, muss man natürlich sein Erbe respektieren. Aber es gibt auch einen Moment, in dem man seine eigene Vision vorbringen muss. Ich biete meinen Kundinnen simple Dinge an. Ich habe keine intellektuellen Ansprüche, auch wenn ich viel nachdenke.
Als Sie zum künstlerischen Leiter des Hauses ernannt wurden, war eines der ersten Dinge, die Sie taten, eine Neuauflage der stärksten Stücke der Marke in einem viel umweltverträglicheren Vinyl.
Es ist ein neuer Stoff auf einer 100 Prozent umweltfreundlichen Baumwolljersey-Basis, und das Polyurethan darauf ist zu 70 Prozent aus Gemüse gewonnen. Ich bin ein Designer mit sozialen und gesellschaftlichen Idealen.
Warum diese erste Kollektion von Neuauflagen?
Es ist wichtig, dass diese Stücke erhalten bleiben und existieren.
Erzählen Sie uns von Ihrer ersten Ausstellung bei Courrèges, die in einem weißen Würfel in „La Station“, einem Kulturzentrum im Norden von Paris, stattfand!
Als ich erfuhr, dass die Show nicht wie gewohnt mit physischem Publikum stattfinden konnte, musste ich schnell umdisponieren. Ich fühlte mich eingesperrt, und da kam mir die Idee. Während die Models ihre finale Runde gedreht haben, filmte eine Drohne Menschen, die an den Wänden des Würfels hochkletterten.
Was ist das Konzept hinter der Herbst/Winter-Kollektion 2021?
Sie beginnt mit historischen Stücken, die an den Courrèges-Salon der Vergangenheit erinnern. Im Laufe der Show zeigt sich nach und nach auch meine eigene Vision. Mehrere Scherenschnitte drücken dieses Gefühl aus. Sie verbinden zwei Welten: die der Geschichte des Hauses und meine.