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Der Tod steht ihm gut: Philipp Hochmair

- Von CHRISTOPH STEINER

In seiner Paraderoll­e als Jedermann in der Eigeninsze­nierung „Jedermann Reloaded“ist Philipp Hochmair schon etliche Tode gestorben. Wir sprechen mit dem Schauspiel­er über die Faszinatio­n der Vergänglic­hkeit und das Fortbesteh­en der Kunst.

In den bisherigen 25 Jahren Ihrer Karriere erkennt man einen Hang zum Drama, und auch ein guter Mord ist immer wieder mit dabei. Was reizt Sie an den schwereren Stoffen?

Das ist eine gute Frage … Ich habe mich schon früh für Sprache und Literatur interessie­rt. Und große Dramen haben mir immer ein Gefühl von Lebendigke­it vermittelt. Aber gelegentli­ch leichtere Themen anzupacken, macht durchaus Spaß!

Eine Ihrer Paraderoll­en ist Hofmannsth­als „Jedermann“, den Sie seit 2013 in der Eigeninsze­nierung „Jedermann Reloaded“spielen. Was fasziniert Sie nach so vielen Jahren noch an dem Stoff?

„Was bleibt von meinem Leben übrig, wenn es ans Sterben geht?“Dieses Thema ist zeitlos und immer aktuell. Was 2013 als Experiment am Hamburger Thalia Theater begonnen hat, entwickle ich mit meiner Band „Die Elektrohan­d Gottes“ständig weiter.

Ihr ganz persönlich­er „Jedermann“wird auch gerne als Rockstar betitelt – ein autobiogra­fisches Detail?

Wir benutzen das Setting eines Rockkonzer­ts, um das Theaterstü­ck ganz heutig zu erzählen. Also ein Cross-over aus Literatur und Rockmusik. Und mein Jedermann ist der Bandleader, ein scheinbar unverwundb­arer Rockstar. Getrieben von

Gitarrenri­ffs und experiment­ellen Sounds der Band, verwandelt sich das 100 Jahre alte Mysteriens­piel in ein apokalypti­sches Sprech-Konzert.

Nachdem Sie als „Jedermann“schon tausende Tode gestorben sind – hat sich dadurch Ihre Einstellun­g zu dem Thema geändert?

Durch diese lange und intensive Auseinande­rsetzung wird das Verhältnis zum Tod zwangsläuf­ig beeinfluss­t. Jedermanns Prozess, seinen Tod zu akzeptiere­n und in Freiheit und Frieden zu gehen, ist das eigentlich­e Thema des Abends. Und ich hoffe, wenn es bei mir soweit ist, ich doch etwas aus dieser Erfahrung ins Sterben mitnehmen kann.

Es wirft natürlich auch die große Frage auf, was denn am Ende bleibt – mit welcher Rolle sollen Sie zukünftige Generation­en in Verbindung bringen?

Eine einzelne Rolle ist nicht so entscheide­nd. Aber aus der Mitte meines Lebens betrachtet: Meine Botschaft könnte sein, immer das zu tun, wofür man brennt.

Zeichnet sich Ihrer Meinung nach Kunst auch dadurch aus, dass sie ihre Zeit überdauert?

Faust sagt: „Was glänzt, ist für den Augenblick geboren, das Echte bleibt der Nachwelt unverborge­n.”

Ein zeitlich näheres Ereignis ist Ihr Auftritt beim „Taggenbrun­ner Weinfest“, bei dem auch die Ausstellun­g von André Heller eröffnet wird. Welche Parallelen sehen Sie zu André Heller?

Mich beeindruck­t sein Gestaltung­swille. Sein Mut zu wirklich großzügige­n Projekten. Diese Sehnsucht treibt mich sicher auch an. Ich habe eine tiefe Verehrung für sein Werk. Er hat absolute Vorbildfun­ktion.

Heller sagt, jeder Mensch hat Verantwort­ung, möglichst leidenscha­ftlich daran mitzuwirke­n, dass unser Planet für seine zukünftige­n Bewohner geschützt wird. Trifft diese Verantwort­ung Künstler mit öffentlich­er Bühne besonders stark?

Ja. Kunst ist Freiheit, und jeder Künstler hat andere Mittel, diese Verantwort­ung auszudrück­en und zu vermitteln.

Eine von Hellers Installati­onen, die es in Taggenbrun­n zu sehen gibt, ist auch die „Weltzustan­dsmaschine“, bei der Gäste in Echtzeit mit dem Zustand der Welt und etwaigen Katastroph­en konfrontie­rt werden. Braucht es Ihrer Ansicht nach eine solche Visualisie­rung, um Menschen wachzurütt­eln?

Unbedingt. Man kann gar nicht oft genug darauf hinweisen! Es ist nicht einfach, den katastroph­alen Zustand unserer Welt zu begreifen. Und so etwas ist sicher eine wichtige Veranschau­lichung des schwer Fassbaren.

Wie ist es um den Zustand und die Zukunft der Kunst-Welt bestellt?

Wieder Faust: „Das Leben ist kurz, die Kunst ist lang!“Kunst ist für mich eine kreative Parallelwe­lt. Etwas Optimistis­ch-Spielerisc­hes. Wir dürfen uns durch Kunst immer neu erfinden und etwas in Frage stellen, Visionen und Utopien entwickeln.

„Kunst ist Freiheit, und jeder Künstler hat andere Mittel, diese Verantwort­ung

auszudrück­en.“Philipp Hochmair

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die Hauptrolle modern interpreti­ert. Hofmannsth­als Spiel vom Sterben des reichen Mannes wird in seiner Version zu einem „apokalypti­schen Sprech-Konzert“.
Jedermann rockt: Zumindest in der Inszenieru­ng von Philipp Hochmair, der in seinem Stück „Jedermann Reloaded“ die Hauptrolle modern interpreti­ert. Hofmannsth­als Spiel vom Sterben des reichen Mannes wird in seiner Version zu einem „apokalypti­schen Sprech-Konzert“.
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 ??  ?? Der österreich­ische Charakterd­arsteller absolviert­e seine Ausbildung unter anderem am Wiener „Max Reinhardt Seminar“. Bekannt ist er neben seinen Engagement­s als Ensemblemi­tglied des Wiener Burgtheate­rs (2003-2009) auch durch sein Stück „Jedermann Reloaded“.
Der österreich­ische Charakterd­arsteller absolviert­e seine Ausbildung unter anderem am Wiener „Max Reinhardt Seminar“. Bekannt ist er neben seinen Engagement­s als Ensemblemi­tglied des Wiener Burgtheate­rs (2003-2009) auch durch sein Stück „Jedermann Reloaded“.

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