Der Tod steht ihm gut: Philipp Hochmair
In seiner Paraderolle als Jedermann in der Eigeninszenierung „Jedermann Reloaded“ist Philipp Hochmair schon etliche Tode gestorben. Wir sprechen mit dem Schauspieler über die Faszination der Vergänglichkeit und das Fortbestehen der Kunst.
In den bisherigen 25 Jahren Ihrer Karriere erkennt man einen Hang zum Drama, und auch ein guter Mord ist immer wieder mit dabei. Was reizt Sie an den schwereren Stoffen?
Das ist eine gute Frage … Ich habe mich schon früh für Sprache und Literatur interessiert. Und große Dramen haben mir immer ein Gefühl von Lebendigkeit vermittelt. Aber gelegentlich leichtere Themen anzupacken, macht durchaus Spaß!
Eine Ihrer Paraderollen ist Hofmannsthals „Jedermann“, den Sie seit 2013 in der Eigeninszenierung „Jedermann Reloaded“spielen. Was fasziniert Sie nach so vielen Jahren noch an dem Stoff?
„Was bleibt von meinem Leben übrig, wenn es ans Sterben geht?“Dieses Thema ist zeitlos und immer aktuell. Was 2013 als Experiment am Hamburger Thalia Theater begonnen hat, entwickle ich mit meiner Band „Die Elektrohand Gottes“ständig weiter.
Ihr ganz persönlicher „Jedermann“wird auch gerne als Rockstar betitelt – ein autobiografisches Detail?
Wir benutzen das Setting eines Rockkonzerts, um das Theaterstück ganz heutig zu erzählen. Also ein Cross-over aus Literatur und Rockmusik. Und mein Jedermann ist der Bandleader, ein scheinbar unverwundbarer Rockstar. Getrieben von
Gitarrenriffs und experimentellen Sounds der Band, verwandelt sich das 100 Jahre alte Mysterienspiel in ein apokalyptisches Sprech-Konzert.
Nachdem Sie als „Jedermann“schon tausende Tode gestorben sind – hat sich dadurch Ihre Einstellung zu dem Thema geändert?
Durch diese lange und intensive Auseinandersetzung wird das Verhältnis zum Tod zwangsläufig beeinflusst. Jedermanns Prozess, seinen Tod zu akzeptieren und in Freiheit und Frieden zu gehen, ist das eigentliche Thema des Abends. Und ich hoffe, wenn es bei mir soweit ist, ich doch etwas aus dieser Erfahrung ins Sterben mitnehmen kann.
Es wirft natürlich auch die große Frage auf, was denn am Ende bleibt – mit welcher Rolle sollen Sie zukünftige Generationen in Verbindung bringen?
Eine einzelne Rolle ist nicht so entscheidend. Aber aus der Mitte meines Lebens betrachtet: Meine Botschaft könnte sein, immer das zu tun, wofür man brennt.
Zeichnet sich Ihrer Meinung nach Kunst auch dadurch aus, dass sie ihre Zeit überdauert?
Faust sagt: „Was glänzt, ist für den Augenblick geboren, das Echte bleibt der Nachwelt unverborgen.”
Ein zeitlich näheres Ereignis ist Ihr Auftritt beim „Taggenbrunner Weinfest“, bei dem auch die Ausstellung von André Heller eröffnet wird. Welche Parallelen sehen Sie zu André Heller?
Mich beeindruckt sein Gestaltungswille. Sein Mut zu wirklich großzügigen Projekten. Diese Sehnsucht treibt mich sicher auch an. Ich habe eine tiefe Verehrung für sein Werk. Er hat absolute Vorbildfunktion.
Heller sagt, jeder Mensch hat Verantwortung, möglichst leidenschaftlich daran mitzuwirken, dass unser Planet für seine zukünftigen Bewohner geschützt wird. Trifft diese Verantwortung Künstler mit öffentlicher Bühne besonders stark?
Ja. Kunst ist Freiheit, und jeder Künstler hat andere Mittel, diese Verantwortung auszudrücken und zu vermitteln.
Eine von Hellers Installationen, die es in Taggenbrunn zu sehen gibt, ist auch die „Weltzustandsmaschine“, bei der Gäste in Echtzeit mit dem Zustand der Welt und etwaigen Katastrophen konfrontiert werden. Braucht es Ihrer Ansicht nach eine solche Visualisierung, um Menschen wachzurütteln?
Unbedingt. Man kann gar nicht oft genug darauf hinweisen! Es ist nicht einfach, den katastrophalen Zustand unserer Welt zu begreifen. Und so etwas ist sicher eine wichtige Veranschaulichung des schwer Fassbaren.
Wie ist es um den Zustand und die Zukunft der Kunst-Welt bestellt?
Wieder Faust: „Das Leben ist kurz, die Kunst ist lang!“Kunst ist für mich eine kreative Parallelwelt. Etwas Optimistisch-Spielerisches. Wir dürfen uns durch Kunst immer neu erfinden und etwas in Frage stellen, Visionen und Utopien entwickeln.
„Kunst ist Freiheit, und jeder Künstler hat andere Mittel, diese Verantwortung
auszudrücken.“Philipp Hochmair