MARY KATRANTZOU
Die 38-jährige gebürtige Griechin ist Absolventin des „Central Saint Martins College of Art and Design“und wohnt in London. Ihr Label gründete Mary Katrantzou vor 12 Jahren – mit durchschlagendem Erfolg. Charakteristisch für ihren Stil sind grafische Drucke und feminine Silhouetten. Katrantzou liebt es, mit Trompe-l’oeil-Effekten und Symmetrie zu spielen und übersetzt ihre subtile Avantgarde gekonnt in alle Bereiche ihres Universums. Nach Kooperationen mit Interior-Produzenten machte sie jüngst mit einer Kooperation mit dem römischen Juwelier Bulgari von sich reden. Für das italienische Schmuckhaus designte sie drei Taschenmodelle und in weiterer
Folge den Flakon des neuen Duftes „Omnia“, den
Alberto Morillas konzipierte.
Seit den Zeiten, als sich Elsa Schiaparelli und Coco Chanel die Pariser Modeszene teilten, hatten weibliche Designer keine vergleichbare Relevanz wie heute. Glauben Sie, dass man von einer spezifisch „weiblichen“Sicht auf Mode sprechen kann?
Ich glaube, wir erleben weltweit einen Paradigmenwechsel, der es Frauen ermöglicht, ihre Stimme zu finden, und das geschieht auch in der Mode. Zu sehen, wie weibliche Designer sowohl an der Spitze großer Maisons als auch mit ihren eigenen Marken erfolgreich sind, wird immer mehr junge Frauen ermutigen, ihren eigenen Weg in der Branche zu gehen. Und ich denke, dass Frauen ein gegenseitiges Support-System aufgebaut haben, ich bin froh, ein Teil davon zu sein.
Wie kam es zu Ihrer Leidenschaft für Mode?
Als Mädchen habe ich nie daran gedacht, Modedesignerin zu werden, ich habe gemalt und mich für Innenarchitektur interessiert. Deswegen habe ich in Amerika, an der „Rhode Island School of Design“Architektur studiert. Als ich später nach London umgezogen bin, habe ich die Mode für mich entdeckt. Was mich wirklich interessiert, ist die Freiheit, über verschiedene kreative Disziplinen hinweg zu arbeiten, um die
Marke zu stärken, die ich aufgebaut habe.
Hat Ihr persönlicher Look die Art und Weise beeinflusst, wie Sie Kollektionen entwerfen?
Die Frage, die mir am häufigsten gestellt wird, ist, warum ich immer Schwarz trage.
Bevor ich meine Marke vor 12 Jahren ins
Leben rief, trug ich bunte Kleidung. Die Veränderung war langsam, und es war keine rationale Entscheidung, sondern eher eine unterbewusste: An einem bestimmten Punkt hörte ich auf, darüber nachzudenken, und Schwarz wurde zu
meiner Uniform. Ich verbringe meine Tage im Atelier damit, mich zwischen Farben und Drucken zu entscheiden, also ist Schwarz zu einem Ausgleich geworden. Ich versuche, alles, was nicht mit meiner Arbeit zu tun hat, so weit wie möglich zu vereinfachen, damit ich keine Zeit damit verschwende. Jeder hält mich für eine Maximalistin, aber ich bin auch eine Puristin. Da ich gerne Harmonie zwischen scheinbar dissonanten Elementen finde, ist es wichtig, einen leeren Raum um mich herum zu schaffen, um mich zu konzentrieren.
Wie würden Sie sich selbst definieren? Und was sind die Eigenschaften, die Sie dahin gebracht haben, wo Sie jetzt sind?
Ich bin optimistisch, entschlossen und loyal. Ich denke, es ist entscheidend, an sich selbst zu glauben, auf seine Instinkte zu hören, sich voll und ganz auf eine Sache konzentrieren zu können und keine Angst zu haben, mutige Entscheidungen zu treffen.
Ihre Mode ist eine Verbindung aus Technologie und Schneiderei …
Am Anfang nutzte ich technologische Innovationen, um mit Präzision Drucke rund um die weibliche Silhouette zu kreieren, wobei ich mich auf textile Innovationen konzentriert habe, um die Grenzen dessen, was man durch Drucke schaffen kann, zu erweitern. Jetzt bin ich mehr an der Geschichte dahinter interessiert. Daran, warum eine Frau von der Einzigartigkeit meiner Vision angezogen wird. Es geht darum, Schönheit durch Design zu filtern und eine Welt zu schaffen, die durch eine visuelle Sprache zu einem Medium werden kann.
Ihre Entwürfe wurden in der „Met“in der Ausstellung „Camp“gezeigt, und davor widmete Ihnen das „Dallas Contemporary Museum“eine Ausstellung.
Ich fühle mich sowohl geehrt als auch extrem demütig bei dem Gedanken, dass ich sowohl an Ausstellungen in der „Met“als auch im „Victoria & Albert Museum“oder im „Cooper-Hewitt Smithsonian Design Museum” teilgenommen habe. Ich denke, Ausstellungen sind außergewöhnliche Gelegenheiten, um zum Nachdenken anzuregen. Die Mode braucht aufgrund ihrer Hektik Momente des Innehaltens. Eine Ausstellung ist eine Gelegenheit, die Komplexität der eigenen Arbeit zu rekontextualisieren. Jedes Mal bin ich überrascht, wenn ich verschiedene Kollektionen zusammen sehe, über die wiederkehrenden Themen, die einen echten roten Faden bilden. Es ist ähnlich einer zusammenhängenden Konversation, die sich von Saison zu Saison weiterentwickelt. Ich bin absolut der Meinung, dass Mode ihren Platz in Museen verdient hat, weil sie eine Form des künstlerischen Ausdrucks ist, die unsere Zeit und Kultur widerspiegelt.
Der Höhepunkt Ihrer bisherigen Reise war die Modenschau im Tempel des Poseidon am Kap Sounion vor zwei Jahren ...
Mit „Wisdom begins in wonder“, meiner ersten Couture-Kollektion, wurde ein neues Kapitel für die Marke aufgeschlagen. Ich glaube, dass Couture die verantwortungsvollste Art ist, für die Zukunft zu arbeiten. Luxus ist eine Frage der Exklusivität, und die Herstellung wertvoller Kleidung, die an zukünftige Generationen weitergegeben wird, ist ein Weg, Verschwendung zu vermeiden.
Denken Sie, dass das britische Modesystem Sie besonders unterstützt hat? Wer waren die Persönlichkeiten, die bei der Entwicklung Ihrer Marke eine Schlüsselrolle gespielt haben?
Ich denke, London fördert die Vielfalt, die Designer aus der ganzen Welt mitbringen, um dort zu leben. Ich glaube nicht, dass sich das ändern wird, denn die Funktion aller Kunstformen ist es, die Gesellschaft zu reflektieren, die sie beinhaltet. Natürlich kann es passieren, dass sich die Gesellschaft verändert, aber ich hoffe, dass London weiterhin ein Treffpunkt für Menschen bleibt, die sehr unterschiedliche Wege gehen. Ich habe hart daran gearbeitet, meine Marke aufzubauen, aber ohne die Hilfe von Persönlichkeiten wie der verstorbenen Louise Wilson (ehemals Lehrerin am „Central Saint Martins College of Art and Design“, Anm. d. Red.), die mich ausgebildet hat, Caroline Rush vom „BFC“und Sarah Mower (Journalistin und Botschafterin für aufstrebende Talente beim „BFC“, Anm. d. Red.), die mich bei meiner Abschlussausstellung am Central Saint Martins „entdeckt” hat, hätte ich das nicht geschafft.
Wer sind Ihre Lieblingsdesigner?
Elsa Schiaparelli, Christian Lacroix, Alaïa, Yves Saint Laurent, Jean Paul Gaultier, Pierre Cardin, Coco Chanel, Vivienne Westwood, Rei Kawakubo ... Allesamt Visionäre, die so viel Schönes geschaffen haben, dass sie auch noch kommende Generationen inspirieren werden.
An welchem Kleid, unter denen, die Sie kreiert haben, hängen Sie am meisten?
Die Kleider, zu denen ich die stärkste emotionale Bindung habe, sind zwei: das „Parfümflaschenkleid“, das meine erste Show 2009 eröffnete und das wir zum zehnjährigen Jubiläum der Marke neu anfertigten, und das „Malen-nach-Zahlen-Modell“, das ich vor zwei Jahren für Cate Blanchett, die Präsidentin der Jury des Filmfestivals in Cannes, entwarf. Eine Schauspielerin, die ich bewundere, persönlich zu treffen und mit ihr und ihrer Stylistin Elizabeth Stewart zu arbeiten, war fantastisch.