SILVIA VENTURINI FENDI
Als Vertreterin der dritten Generation der Mode-Dynastie, die 1925 von ihren Großeltern Edoardo und Adele gegründet wurde, stieg Silvia Venturini Fendi
1994 ins Unternehmen ein. Der Erfolg ließ nicht lange auf sich warten: Im
Jahr 1997 entwarf sie das legendäre Modell „Baguette“, die erste It-Bag. Seit 2000 ist sie für die Herrenmode verantwortlich und übernahm nach dem Tod von Karl Lagerfeld auch kurzfristig in Bezug auf die Damenkollektionen das Steuer. Als leidenschaftliche Cineastin hat sie mehrere Filme von Luca Guadagnino produziert.
Im Moment werden Frauen, vielleicht erstmalig, richtig in der Mode wahrgenommen. Spüren Sie diese Verschiebung auch?
Ich denke, dass Frauen schon immer eine herausragende Rolle in der Modewelt hatten, aber vielleicht ist es heute, angesichts der Sensibilität für das Thema, stärker spürbar. Als Frauen mussten wir immer darum kämpfen, in der Arbeitswelt das zu bekommen, was wir wollten, und trotzdem haben wir die Fähigkeit gehabt, sowohl die beruflichen als auch die persönlichen Aspekte gleichzeitig zu managen.
Wenn es um Mode geht, was haben Sie von Ihrer Großmutter, Ihren Tanten und Ihrer Mutter Anna gelernt?
Als Frau in einer Welt voller Frauen bewundere und respektiere ich sie alle. Sie sind starke Persönlichkeiten, die sich in einer von Männern dominierten Geschäftswelt behaupten mussten. Dadurch mussten sie sich maskuliner verhalten und kümmerten sich nicht um die unwesentlichen Dinge. Schließlich waren sie nicht nur Kreative, sondern auch Geschäftsfrauen.
Lagerfeld war von 1965 bis 2019 die kreative Kraft bei Fendi.Was hat sich mit seinem Ableben verändert?
Seit Karl weg ist, hat sich meine Arbeit nicht verändert. Ich arbeite weiterhin auf die gleiche Art und Weise. Ich weiß nicht, ob ich mir diese Welt ausgesucht habe, oder ob sie, da ich in ihr aufgewachsen bin, mich ausgesucht hat. Ich frage mich immer, was ich getan hätte, wenn ich nicht hier gearbeitet hätte. Andererseits bin ich erstaunt – und stolz – über das, was ich erreicht habe.
Glauben Sie, dass zwischen den internen Veränderungen und den Veränderungen auf dem Markt die Accessoires weiterhin eine so dominierende Rolle für den Umsatz und die Wahrnehmung von Fendi haben werden?
Ich glaube, dass es heute mehr denn je wichtig ist, sich auf ikonische, zeitlose Produkte zu konzentrieren. Objekte, die Generationengrenzen und Trends überwinden sollen. Das ist auch für die neue Generation immer wichtiger geworden. In einer Zeit, in der es in der Mode keine starken Trends mehr gibt, arbeitet jeder wieder an seiner eigenen Geschichte.
Es ist ein Moment des großen Umdenkens für das gesamte Modesystem: In welche Richtung wird sich Fendi entwickeln?
Man kann keine Vorhersagen machen. Sicherlich werden die Leute nicht mehr so viel kaufen wie früher, zumindest für eine Weile, sodass wir zum Anfang zurückkehren können.