Elisabetta Franchi
Über die Gründe ihres Erfolges hat Elisabetta Franchi, gebürtige Bolognese und im Jahre 1968 geboren, keine Zweifel: Sie verdankt ihn einer Mischung aus Kohärenz, Beharrlichkeit und Hartnäckigkeit. „Als Forbes die Liste der 100 erfolgreichsten italienischen Frauen, auf der ich auch bin, verfasst hatte, gab man dem Artikel den Titel ‚Die gute Seite des Erfolgs‘. Ich habe mir gedacht: ‚Von wegen gut – aber wir Frauen möchten sie das glauben lassen.‘“
Wo liegen Ihre beruflichen Anfänge?
Ich bin in einer sehr bescheidenen Familie aufgewachsen, ohne Vater, mit einer sehr starken Mutter. Ich habe den ganzen Tag gearbeitet, was ich alles in einem Buch namens „Aschenputtel, ich habe dich ver-arscht“erzähle. Während der versnobten 90er-Jahre, als die Medien angefangen haben, sich für mich zu interessieren, hatte mir jeder gesagt, ich solle meine Herkunft verstecken und mir eine glamourösere Version einfallen lassen. Bis sie mich eines Tages eingeladen haben in die „La Sapienza“und ich die Nacht davor nicht schlafen konnte, weil ich mich fragte: „Soll ich die Wahrheit erzählen oder eine riesige Lüge?“Ich habe mich für die Wahrheit entschlossen und viele Studentinnen und Studenten gesehen, die sehr gerührt waren und geweint haben. Seitdem habe ich „Stopp zu Photoshop“gesagt. Eine Entscheidung, die mir zugutegekommen ist: Ich habe keine Hater auf Sozialen Netzwerken, und ich denke, es ist wichtig, den Entmutigten, denjenigen, die kein Glück im Leben haben, eine starke Botschaft zu vermitteln. Zurück zu meinen Anfängen: Als ich jung war, habe ich als Verkäuferin und Barkeeperin gearbeitet, aber ich wusste schon mit sieben Jahren, dass ich Modedesignerin werden wollte. Ich habe auch einen halben Abschluss, weil ich das „Rubbiani-Institut“in Bologna besucht hatte, aber das Geld nicht auf brachte um weiterzumachen und es daher abbrechen musste. Dann habe ich begonnen, als Lingerie-Verkäuferin zu arbeiten, dort habe ich meinen Sinn für das Geschäftliche und Kreative entwickelt. Was die Kreativität angeht, sah ich zu der Frau von Helmut Newton auf. Mit Blick auf das Geschäftliche habe ich mich an ein Fast-FashionUnternehmen gewandt und dort etwas über Geschwindigkeit gelernt, zu einer Zeit, wo viele große Marken deren strategische Bedeutung noch nicht verstanden hatten. Danach eröffnete ich mein eigenes Atelier.
Welches sind Ihre Lieblingskleidungsstücke unter Ihren Designs?
Ich designe das „Robe Manteau“, solange ich mich erinnern kann. Für mich ist eine Frau, die aussieht, als trage sie eine Jacke, obwohl sie in Wirklichkeit ein Kleid trägt, der Gipfel der Weiblichkeit. Das schönste Kompliment, das ich je für meine Designs bekommen habe, war von dem Geschäftsführer von Golden Goose, als wir uns das erste Mal begegneten. Nachdem ich mich vorgestellt hatte, antwortete er mir: „Wenn ich eine Frau sehe, der ich am liebsten die Kleider vom Leib reißen würde, trägt sie immer Elisabetta Franchi!“
Denken Sie, dass es so etwas wie eine „weibliche” Interpretation von Mode gibt?
Wer könnte den Körper der Frau besser verstehen als eine Frau selbst? Wie man mit der Hüfte, der Öffnung für die Arme umgeht … Ich erkenne immer die Frauen, die meine Designs tragen.
Haben Sie Vorbilder? Wer inspiriert Sie?
Es war schon immer Diana Vreeland, sie war nicht unbedingt attraktiv, hatte aber Kultur und Talent, was sie zu einer faszinierenden Frau machte. Auch die Bilder von Ellen von Unwerth sowie von Helmut Newton inspirieren mich.
Sie haben erwähnt, dass das Verständnis für die Notwendigkeit, schnell zu produzieren, sich als strategisch wichtig für den Erfolg der Marke erwiesen hat ...
Anfangs sicherlich. Aber letztendlich hatten wir ein absurdes Tempo erreicht, es war der pure Wahnsinn: Ich war in diesem System mittendrin und auch unter zunehmendem Druck. Heute bin ich mit Armani komplett einverstanden, man muss entschleunigen. Ich denke, dass das schnelle Tempo den Reiz der Mode nimmt, dass Soziale Medien die Kleider zum Verbrennen bringen, und dass diese Zeit des Konsum, wo nichts wertgeschätzt wird, ein Ende haben muss.