THE future DOESN’T MATTER?
Hat die Mode eine Zukunft? Gemeinsam mit Karinna Grant, der Mitbegründerin von the Dematerialised, haben wir versucht, diese Frage zu beantworten und über die Digitalisierung der Mode diskutiert.
In den letzten Jahren ist die digitale Mode zu einem Thema geworden, über das viel berichtet und diskutiert wird, doch viele sind noch ziemlich verwirrt. Kannst du uns bitte dein Verständnis des Konzepts der digitalen Mode beschreiben?
Digitale Mode kann definitiv viele Menschen verwirren, aber der Grund, warum ich mich persönlich in sie verliebt habe, ist ihr Potenzial. Sie ist grenzenlos in Bezug auf Kreativität, sie hat nur wenige Einschränkungen und ist relativ leicht zugänglich, egal ob man sie herstellen, kaufen oder ausprobieren möchte. Ich persönlich sehe Digital Fashion als eine Art virtueller Darstellung eines Kleidungsstücks oder eines Accessoires.
Mode hat viel mit physischer Präsenz zu tun, denn es handelt sich um Materialien, Texturen, sogar um Gerüche wie Leder. Wie kann dieser Aspekt der Wesentlichkeit in der virtuellen Mode deiner Meinung nach ersetzt werden?
Allein die Art und Weise, wie sich digitale Texturen in einem Video bewegen, können ebenfalls Emotionen hervorrufen, und solange die neue Technologie noch nicht leicht zugänglich ist, gehe ich davon aus, dass qualitativ hochwertige Grafiken und das Rendering eines digitalen Kleidungsstücks kurzfristig sehr gut geeignet sind, die Wesentlichkeit des Kleidungsstücks zu vermitteln.
Was genau ist “the Dematerialised” und wie unterscheidet es sich von vielen anderen digitalen Modeprojekten?
Wir beschreiben THE DEMATERIALISED oder kurz DMAT als ein digitales Kaufhaus unserer Träume. Meine Geschäftspartnerin Marjorie Hernandez und ich wollten einen Ort schaffen, wo jeder Digital Fashion in einer einfach zu bedienenden und kuratierten Umgebung für sich entdecken und erleben kann. Wir haben uns von Anfang an dafür entschieden, alle unsere digitalen Kleidungsartikel als NFTs zu verkaufen, da wir beide davon überzeugt sind, dass diese auf der Blockchain basierte Technologie die traditionellen Produktions- und Konsummodelle in der Modebranche positiv verändern kann. Unser Ziel ist es, uns von den anderen digitalen Modeprojekten durch unsere Erfahrung zu unterscheiden. Wir nennen uns selbst einen Erlebnismarktplatz, weil wir Spiel-Engine-Technologie, Web AR und natürlich Blockchain nutzen, um unseren Kundinnen und Kunden ein einzigartiges und hoffentlich ein unvergessliches Erlebnis zu bieten.
“DER GRUND, warum ICH MICH IN digitale Mode verliebt HABE, IST IHR Potenzial. SIE IST grenzenlos IN BEZUG AUF Kreativität.”
Klassische Luxusmarken tun sich schwer damit, diese neue Tendenz in der Modebranche zu akzeptieren. Werden digitale Mode und Projekte wie dieses den Begriff des Luxus komplett neu definieren?
Wir sind davon überzeugt, dass sich Luxus und Mode ständig weiterentwickeln, und dies ist eine weitere Entwicklungsphase. Digitale Mode und NFTs bieten Luxus- und Modemarken eine völlig neue Einnahmequelle, die in Bezug auf die Produktion viel
umweltfreundlicher ist, da die Skalierbarkeit eines digitalen Kleidungsstücks unbegrenzt ist. NFTs können auch eine neue Möglichkeit bieten, die Echtheit eines Artikels zu verfolgen und möglicherweise die Herkunft eines Kleidungsstücks anders zu erzählen. Aus wirtschaftlicher Sicht bieten sie eine Möglichkeit, Kleidungsstücke mehrmals zu verkaufen, wobei der ursprüngliche Schöpfer oder die Marke bei jedem Wiederverkauf einen Teil des Umsatzes einbehalten kann. Aber auch hier geht es nicht nur um Geld. Digital Fashion und NFTs schaffen neue Formen von künstlerischer Ästhetik und neue Communities, und das ist auch für viele ein äußerst spannender und wichtiger Vorteil.
Hat die Digitalisierung der Mode und Kunst auch etwas mit der Demokratisierung dieser Branchen zu tun?
Ja bestimmt, denn die meiste Zeit ermöglicht die Technologie einen besseren Zugang zu den digitalen Produkten und ihr besseres Verständnis. Das Besondere am Web3 und an den NFTs ist aber, dass sie auch eine wirtschaftliche und intellektuelle Machtübertragung ermöglichen. Das ist etwas, was Web2 nicht bieten konnte. Die kommenden Jahre werden definitiv sehr spannend, und endlich kann die wirtschaftliche Macht in den Händen gemeinschaftlicher Nutzergruppe liegen - d.h. uns.
Wie werden deiner Meinung nach physische und digitale Mode in, sagen wir, 15 oder 20 Jahren noch nebeneinander existieren?
Wir werden viel mehr Möglichkeiten haben, die einzelnen Welten noch näher zusammenzubringen. Wir werden vielleicht auch mehr Gehirn-Computer-Schnittstellen (Chips) verwenden, bei denen wir nur noch etwas denken müssen, und die Dinge werden sofort aktiviert, z. B. so könnte man die Farbe oder das Design eines Outfits ändern. Ich vermute, dass wir immer weniger und immer minimalistischere physische Kleidung haben werden, da diese Kleidungsstücke mit smarten Textilien und Chips ausgestattet sein werden, die auf die Umgebung oder unsere Gefühle reagieren können. Dennoch glaube ich, dass die Nachfrage und der Wert von handgefertigten Kleidungsstücken stark zunehmen werden - so wie wir es bei Vinyl beobachten können - und dass analoge Produktionsmethoden als besonders faszinierend angesehen und daher ihren Preis erhöhen werden. Wir werden hoffentlich auch unsere Garderobe optimieren, ähnlich wie wir jetzt unsere Schritte oder Kalorien tracken, um unsere negativen Einflüsse auf die Umwelt zu minimieren.