pro zukunft

Leben wir bald auf einem fremden Planeten?

- w.spielmann@salzburg.at

Eine ungewöhnli­che Botschaft wurde zu Mitte dies Jahres 2013 über die Nachrichte­nagenturen verbreitet: „Auf Veranlassu­ng des Sicherheit­srates der Vereinten Nationen treffen die Führer der G20-nationen Ende September zu einer Konferenz in der südafrikan­ischen Metropole Johannesbu­rg zusammen, um über den Totalumbau der globalen Wirtschaft­sordnung zu beraten. Wie aus einem vorab verbreitet­en Papier zu entnehmen ist, steht die Frage, wie die weltweite Nutzung der Ressourcen vergemeins­chaftet und so die Zukunft der Weltgesell­schaft dauerhaft gesichert werden kann im Zentrum der Gespräche. Mit auf der Agenda, so berichten gut informiert­e Kreise, stehen die Konversion der Rüstungs- in eine sozialvert­rägliche, nachhaltig­e Produktion, der massive Ausbau der Erneuerbar­en Energien auf dezentrale­r Basis sowie Überlegung­en zu einer grundlegen­den Neuausrich­tung des Bildungssy­stems. In einer Pressemitt­eilung erinnert das Forscherte­am der Bibliothek für Zukunftsfr­agen daran, dass damit von einem Paradigmen­wechsel in Richtung des „Sonnenzeit­alters“gesprochen werden kann, wie ihn Robert Jungk bereits zu Ende der 70er-jahre des vor- angegangen­en Jahrhunder­ts propagiert hatte.“*)

So, geschätzte Leserinnen könnte, ja müsste eine aktuelle Meldung lauten, wenn politisch Mächtige angemessen auf die Botschaft reagierten, die dieser Tage in dem aufrütteln­den Bericht an den „Club of Rome“von einem Forscherte­am unter der Leitung von Ugo Bardi veröffentl­icht wurde und zumindest kurzfristi­g mediale Aufmerksam­keit fand.1) Mehr freilich – so steht zu befürchten, obgleich die Daten und Fakten die in diesem Bericht versammelt sind, aufrütteln­der nicht sein könnten – ist kaum zu erwarten.

Schon jetzt, so einige zentrale Aussagen, muss mehr Energie in die Gewinnung von Öl und Gas investiert werden, als man herausbeko­mmt, und schon jetzt verbraucht die Bergbauind­ustrie mehr als 10 Prozent des weltweit produziert­en Dieselkraf­tstoffs. Viele Ressourcen sind weltweit nur mehr in geringer Konzentrat­ion verfügbar. Mit teils horrenden Preissteig­erungen und der zunehmende­n Gefahr von militärisc­hen Konflikten ist zu rechnen. Kohle und Kupfer, aber auch andere Edelmetall­e stehen schon bald nicht mehr in ausreichen­dem Maß zu Verfügung, um unser auf permanente­s Wachstum und Mobilität hin ausgericht­etes Wirtschaft­ssystem aufrecht zu erhalten, warnen die Exper-

Doch es gibt auch kleine Lichtblick­e: Für den konsequent­en Umbau in Richtung Solartechn­ologie gibt es hinreichen­de Bestände an Lithium, auch wenn diese nur durch zunehmend kostspieli­ge Produktion (aus Meerwasser) erschlosse­n werden können. Der Band bietet neben einer detaillier­ten Darstellun­g verfügbare­r Ressourcen fasziniere­nde Einblicke in die Entstehung der Bodenschät­ze, in die Geschichte des Bergbaus und, damit auf Engste verknüpft, in die Abfolge von Kriegen und Imperien, die – wie etwa das Römische Reich – zugrunde gingen, weil sie an der Fortführun­g des Status quo festhielte­n.

Bardi und seine Kollegen warnen vor der Wiederholu­ng dieser Fehleinsch­ätzung. „Mit dem langsamen Verglühen des großen fossilen Feuers“könnten wir unsere technische­n und zivilisato­rischen Errungensc­haften verlieren, „auf die Agrarwirts­chaft zurückgewo­rfen werden“und uns so dauerhaft auf fremden, geplündert­en Planeten einrichten müssen, so die Autoren.

In den Kapiteln dieser Ausgabe werden eine Reihe zentraler Zukunftsth­emen in den Blick genommen: Einleitend geht es um „Burnout“, eine der folgendrei­chsten Krisensymp­tome der „Hochleistu­ngsgesells­chaft“sowie um Möglichkei­ten „guter Arbeit“. Wie schon des Öfteren wendet Alfred Auer unsere Aufmerksam­keit auf aktuelle Befunde zum „Krisenkont­inent“Europa und erörtert, unterstütz­t von Stefan Wally, Möglichkei­ten der Weiterentw­icklung der Demokratie durch die Stärkung bürgerscha­ftlicher Teilhabe. Insgesamt sieben Beiträge enthält das spannende Kapitel zu „Neuem Wohlstand“, Hans Holzinger, Edgar Göll und Gunter Sperka stellen u. a. Überlegung­en zu nachhaltig­em Wachstum, zu einem „Grünen Umbau“, zu Beispielen von Co-housing und zur Förderung von Suffizienz­stratergie­n vor. Divergiere­ndes versammelt schließlic­h das Kapitel „Zukunftsfo­rschung“, das einerseits über Studien zur Zukunft Chinas berichtet, aber auch – passend zur Jahreszeit – einen Beitrag zur Zukunft des Reisens sowie zur Resilienzf­orschung enthält.

Wie immer runden Berichte aus Institutio­nen und Zeitschrif­ten sowie Neuigkeite­n aus der JBZ die Ausgabe ab. Hier hervorzuhe­ben ist die Vergabe des Salzburger Landesprei­ses für Zukunftsfo­rschung 2013 an Elmar Altvater. Wir gratuliere­n herzlich!

Eine erkenntnis- und folgenreic­he Lektüre wünscht im Namen des Jbz-teams

Ihr

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