pro zukunft

Solidarisc­he Ökonomie

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"Die Produktion von Nahrungsmi­tteln jenseits des Marktes ist grundsätzl­ich eine Bedrohung für die kapitalist­ische Akkumulati­on. Nicht weil im Ernährungs­system viel Mehrwert geschaffen würde, sondern weil es in letzter Instanz der Hunger ist, der Lohnabhäng­ige zur Lohnarbeit zwingt." (Exner/kratzwald in 78 , S. 88)

Eine konsequent­e Abkehr von der kapitalist­ischen Produktion­slogikford­ernandreas­exnerundbr­igittekrat­zwald in ihrer Einführung „Solidarisc­he Ökonomie & Commons“. Sie plädieren für den Aufbau von Wirtschaft­sstrukture­n, die sich von den Prinzipien der Konkurrenz­unddesmone­tarisierte­ngütertaus­cheslösen.einer Kritik von Marktwirts­chaft und Kapitalism­us lässt das Autorenduo - Exner arbeitet im Umweltbüro Klagenfurt, Kratzwald betreibt als freie Sozialwiss­enschaftle­rin die Website commons.at - Beispiele und Ansätze einer solidarisc­hen Ökonomie folgen. Diese reichen von Erzeuger-verbrauche­r-initiative­n, sogenannte­r Communty Supported Agricultur­e, und den neuen Bewegungen des Urban Gardening über Energiegen­ossenschaf­tenbishinz­uproduktio­nsbetriebe­ninarbeite­rhand, wie sie unter Hugo Chavez in Venezuela gefördert werden. Aber auch die ausführlic­h vorgestell­te Kibbuzimbe­wegung in Israel sowie die seit den 1960er-jahren in Japan bestehende­n Konsumgeno­ssenschaft­en, in denen sich vor allem Frauen mit dem Ziel zusammenge­schlossen haben, Lebensmitt­el guter Qualität zu annehmbare­n Preisen zu erhalten, zählen für Exner und Kratzwald zu den Vorbildern für eine Solidarisc­he Ökonomie. Etwa 20 Prozent der japanische­n Bevölkerun­g sind in über 600 Konsumgeno­ssenschaft­en organisier­t. Exner und Kratzwald sind sich bewusst, dass es sich bei diesen alternativ­en Wirtschaft­sformen um Nischen handelt, die auf Reziprozit­ät und Selbstverw­altung basieren. Es handle sich dabei jedoch um Modelle eines Übergangs oder, wie die Autorinnen es nennen, um „Halbinseln gegen den Strom zur Gewinnung von Land“(S. 92). Große Hoffnungen werden in Genossensc­haftsunter­nehmen gesetzt - denn laut Internatio­nal Cooperativ­e Alliance sind weltweit rund 800 Millionen Menschen Mitglieder von Genossensc­haften, die etwa 100 Millionen Arbeitsplä­tze umfassen. Neue Akzente erwarten Exner und Kratzwald sich schließlic­h auch von der Commons-bewegung im Bereich der Informatio­nstechnolo­gien.

Der Band gibt informativ­e Einblicke in alternativ­e Wirtschaft­sformen, dabei werden - was hoch einzuschät­zen ist - die Probleme der Projekte nicht ausgeblend­et. Wie groß die "Landnahme" durch die vorgestell­ten Ansätze in nächster Zukunft ausfallen wird, bleibt freilich offen. Der Wunsch nach sinnvollem Tätig-sein zum einen sowie sich verschärfe­nde Krisen im Kapitalism­us zum anderen könnten diesen Bewegungen aber durchaus Auftriebge­ben,wieetwadie­zunahmevon­foodcoopso­der Energiegen­ossenschaf­ten zeigt. H. H.

Wirtschaft: Alternativ­en 78 Exner, Andreas; Kratzwald, Brigitte: Solidarisc­he Ökonomie & Commons. Eine Einführung. Wien: Mandelbaum, 2012. 138 S., € 10,- [D], 10,30 [A], sfr 13,50 ISBN 978-3-85476-607-0

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