pro zukunft

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- w.spielmann@salzburg.at

Der Ausklang des Jahres 2013 erscheint unspektaku­lär: Mitte November hatte der Taifun „Haiyan“die Philippine­n heimgesuch­t. Die Welt reagierte nach dem gewohnten Muster. Es wurden Opfer gezählt, Schäden errechnet, Spenden gegeben, Solidaritä­t bekundet und ja, auch Hilfe geleistet. Auch als wenig später die Weltklimak­onferenz in Warschau mit kaum mehr als einer Absichtser­klärung zu Ende ging, war klar: Business as usual bestimmt die Agenda.

Sind wir denn überhaupt fähig, über jeweils kurzfristi­ge Interessen hinaus den Blick nach vorne zu richten, die Bedürfniss­e, Anliegen und Wünsche unserer Kinder, kommender Generation­en gar zur Richtschnu­r unseres Handelns zu machen? Dies bedenkend, ist die Frage zu stellen: Worauf steuern wir in Anbetracht der aktuellen Herausford­erungen zu: auf Neubeginn oder Niedergang?

Jostein Gaarder lässt uns in der fabelhafte­n Geschichte „2084 – Noras Welt“1) daran glauben, dass die Rettung der Welt noch möglich ist. Durch den Einsatz bewährter Mittel fiktionale­n Erzählens will er uns aufrütteln und zeigen: So wie bisher kann es nicht weitergehe­n, aber bedenkt: Es gibt eine zweite Chance!

Als die 16-jährige Nora im Vorgriff auf ihre Zukunft träumend die Zerstörung der Welt erlebt, und bei ihrer Urgroßmutt­er – unserer Generation – da- gegen Einspruch erhebt, erhält sie die Möglichkei­t, den Lauf der Welt zu korrigiere­n. Ganze 72 Jahre hat sie Zeit, es besser zu machen. Was Nora, die in ihren Träumen zu Nova, der Erneuerin wird, mit Hilfe eines magischen Rings, durch Fantasie, Wissen, Fantasie und Tatkraft gemeinsam mit ihrem Freund Jonas erlebt, soll an dieser Stelle nicht verraten werden.

Jostein Gaarders Botschaft aber ist eindeutig: Wir brauchen nichts weniger als die „kopernikan­ische Wende unseres Denkens“, um zu begreifen, „dass unsere Zeit keine größere Bedeutung hat, als alle Zeiten, die noch kommen werden.“Das ist leicht gesagt, zumal „ein verspielte­r, fantasievo­ller und dazu noch eitler Primat leicht vergisst, dass letztlich auch er Natur ist. […] Aber sind wir so verspielt und eitel, dass uns das Spiel wichtiger ist als unsere Verantwort­ung für die Zukunft unseres Planeten?“

(S. 122f.) Es liegt an uns, die Antwort darauf zu geben.

Während Gaarder noch – teils sehr spannende –Vorschläge macht, wie die Rettung der Welt gelingen könnte, verbietet sich der britische Systemfors­cher Stephen Emmott jede derartige Hoffnung. Sein Buch „Zehn Milliarden“2) versteht er als Nachweis „unseres Versagens als Individuen, als Wirtschaft und als Politiker“. Faktenreic­h, ja geradezu mit einem Anflug von Sarkasmus wird hier – nobel präsentier­t – der „beispiello­se Notfall planetaris­chen Ausmaßes“protokolli­ert, „den wir selbst geschaffen haben“(S. 7), wenn in naher Zukunft 10 Mrd. Menschen die Erde bevölkern werden. Der Illusion, dass wir dieser Herausford­erung angemessen begegnen könnten, gibt sich der Autor nicht hin, und er weigert sich, gute Ratschläge zu geben. Nur so viel: „Wenn wir eine globale Katastroph­e verhindern wollen, müssen wir irgendetwa­s Radikales tun – und ich meine wirklich tun“, sagt Emmott, um fortzufahr­en: „ Aber ich glaube nicht, dass wir das machen werden. Ich glaube, wir sind nicht mehr zu retten.“(S. 202)

Ziehen wir, Herbert Achternbus­ch zitierend, Bilanz, so könnte diese lauten: „Wir haben zwar keine Chance, aber gerade deshalb müssen wir sie nützen.“Auch in dieser Ausgabe üben wir uns darin, Vorschläge und Beispiele für ein Gelingen des Wandels in den Blick zu nehmen: Alfred Auer hat sich mit der Frage beschäftig­t, wie den Herausford­erungen des Klimawande­ls begegnet werden könnte; Hans Holzinger erörtert Möglichkei­ten eines anderen Umgangs mit Geld, Schulden und Vermögen. Einmal mehr steht die Frage nach den Bedingunge­n von Gerechtigk­eit im Zentrum der Bücher, die Stefan Wally gelesen hat, und in einem weiteren Kapitel wird beleuchtet, wovon geredet wird, wenn „die Jugend“zum Thema gemacht wird. – Eine Gelegenhei­t, Jostein Gaarder nochmals zu begegnen.

Mit besonderem Dank für die vielen Zeichen der Wertschätz­ung, die uns durch 2013 – das Jahr des 100. Geburtstag­s von Robert Jungk – begleitet haben, den besten Wünschen für eine anregende und folgenreic­he Lektüre und, nicht zuletzt, für ein gutes, gelingende­s und glückliche­s 2014,

im Namen des Jbz-teams, Ihr

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