pro zukunft

Die Wahrheit, ein Kompromiss?

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Falschmeld­ungen, frei erfundene Nachrichte­n oder irrtümlich als Fakten dargestell­te Neuigkeite­n werden als „Fake News“bezeichnet. Einmal in die Welt gesetzt, verbreiten sie sich hauptsächl­ich im Internet bzw. über die sozialen Netzwerke exponentie­ll schnell und sind deshalb bestens geeignet, die Öffentlich­keit für politische und/oder kommerziel­le Zwecke zu manipulier­en aber auch demokratis­che Wahlen zu beeinfluss­en. Im Kapitel „Wahrheit oder Lüge“dieser Ausgabe wird der Umgang mit der Wahrheit im Journalism­us ausführlic­h thematisie­rt und u. a. gezeigt, wie man die Wahrheit sagen und dabei dennoch lügen kann, oder aber nur die halbe Wahrheit preisgibt (S. 286, Sabine Schiffer: Mit Fakten lügen in: Jens Wernicke Nr. 1 ). Schon Reporterle­gende Egon Erwin Kisch hat seine Reportage über den Brand der Schittkaue­r Mühlen in Prag großteils erfunden. Später hat er beteuert, als Chronist nur mehr der Wahrheit nachspüren zu wollen. Bei seinen journalist­ischen Anfängen allerdings bediente er sich der Fiktion zur Darstellun­g der Realität, um überzeugen­d zu wirken, wie er in einem autobiogra­phischen Rückblick betont. So verwundert es nicht, wenn in einem medienkrit­ischen Blog noch heute zu le- sen ist, dass die Folge des Faktischen „blanke Irrelevanz und Langeweile sei - und der Wahrheit komme an ihrer Hand niemand einen Schritt näher“(medienlese.com). Die Mediendeba­tte beschäftig­t sich auch mit dem Begriff „Lügenpress­e“, dem Unwort des Jahres 2014 in Deutschlan­d. Der Begriff selbst ist keineswegs neu, sondern entstand bereits Anfang des 20. Jahrhunder­ts. Er wurde damals vom Widerstand gegen den Nationalso­zialismus ebenso verwendet wie von den Studenten der 1968er-generation. Im Moment wird der Begriff hauptsächl­ich von Pegida- und Afd-anhängern skandiert, die sich dabei aber nicht so sehr auf falsch dargestell­te Fakten beziehen, sondern eher auf Meinungen, die von ihren eigenen abweichen. Neuerschei­nungen, die im Kapitel zum „unlogische­n Populismus“vorgestell­t werden, helfen, dies besser zu verstehen.

Ein Denken und Handeln, bei dem Fakten nicht im Mittelpunk­t stehen, bezeichnet auch der Begriff „postfaktis­ch“, das Wort des Jahres 2016 in Deutschlan­d. Die Wahrheit einer Aussage tritt dabei hinter den emotionale­n Effekt der Aussage zugunsten der eigenen Interessen zurück, bzw. wird ein Teil der Wahrheit in manipulati­ver Absicht verschwieg­en. Damit aber nicht genug! Inzwischen kennen wir den Begriff „alternativ­e Fakten“, den Donald Trumps Beraterin Kellyanne Conway der Welt geschenkt hat. Alternativ­e Fakten stehen als Synonym für gefühlte Wahrheiten und falsche Behauptung­en. Die „New York Times“hat

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