NEU: Blick über die Grenzen
Was diskutiert Großbritannien und die USA
Shami Chakrabarti ist in GB eine bekannte Person des öffentlichen Lebens. Sie ist Direktorin der Bürgerrechtsorganisation Liberty und Mitglied des britischen Oberhauses. Darüber hinaus ist sie Beraterin des aktuellen Vorsitzenden der Labour Party Jeremy Corbyn. Ihr neues Buch „Of Women: In the 21th Century” beschäftigt sich mit der Lage der Frauen im 21. Jahrhundert. Die Autorin zeigt, dass die Lage der Frauen nicht auf die Perspektive der westlichen Mittelschichten beschränkt sein darf. Immer wieder führt sie Beispiele der Unterdrückung und Benachteiligung von Frauen aus anderen Weltregionen an. Dabei möchte sie keineswegs sagen, dass es qualitative Unterschiede in der Frage gebe: Das Ausmaß der Benachteiligung seien verschiedene Punkte auf derselben Skala. Gender-ungerechtigkeit „may be the greatest human rights abuse on the planet“schreibt sie an einer Stelle. Als Lösung bringt sie das universelle Grundeinkommen ins Spiel, dass es Männern und Frauen möglichen würde, Kinder und Ältere besser zu betreuen.
Eine Abrechnung mit den neuen Tech-giganten liefert Franklin Foers in seinem Buch „World Without Mind: The Existential Threat of Big Tech“. Nicht weniger als die Seele und die Zivilisation unserer Welt sei bedroht. Google, Facebook und Amazon seien dabei, durch das Sammeln von Informationen die menschliche Evolution zu ihren Gunsten umzulenken. Foer kritisiert die Entwicklung aus einer individualistischen Perspektive: Die Intelligenz der Crowd ist dabei, das Geniestück des Einzelnen unmöglich zu machen. Foer fordert, dass der Einzelne ausbreche aus diesen Zwängen, sich der Kontemplation und der Kunst zuwende, selbständig denke. Der Guardian schreibt in einer Kritik: „Because Foer sees collectivism as the problem, he has trouble imaging collective solutions.“
Etwas ganz anderes nimmt Alice Roberts ins Visier. In „Tamed: The Species that changed our World“analysiert die Autorin die Bedeutung von Tier und Pflanzen auf die Entwicklung der Welt. Sie zeichnet nach, welche gravierenden Auswirkungen es oft hatte, wenn die Menschen Tiere und Pflanzen „zähmten“, für sich nützlich machten. Nicht zu unterschätzen ist die Bedeutung der Bändigung des Pferdes vor etwa 4.500 Jahre, was die zurücklegbaren Distanzen revolutionierte und damit kulturellen Austausch und das Überleben des Menschen begünstigte. Ähnlich wichtig die Nutzbarmachung des Reises, die ausreichende Ernährung sicherte. Roberts ertläutert auch, dass der Apfel in Kasachstan kultiviert wurde. Beispiele wie diese prägen das Buch. Roberts fragt im letzten Kapitel, wie sehr wir Menschen uns selbst gezähmt haben und wie sehr dies ökologische Fragen aufwirft.
Neues von David Harvey. Der amerikanische Sozialhistoriker und Geograph ist eine der wichtigsten marxistischen Stimmen der Gegenwart. In seinem neuen Buch „Marx, Capital and the Madness of Economic Reasons” versucht er das Denken von Karl Marx lesbar und trotzdem dem Original getreu zu vermitteln. Er wendet dabei das Marx´sche Denken auf die aktuelle Entwicklung an und erläutert Phänomen der Gegenwart mit marxistischer Theorie. Deren Brauchbarkeit stellt er dabei überzeugend unter Beweis. S. W.
14 Chakrabarti, Shami: Of Women: In the 21th Century. London: Allen Lane, 2017. 240 S.
15 Foer, Franklin: World Without Mind: The Exuistential Threat of Big Tech.
London, Jonathan Cape, 2017. 272 S.
16 Roberts, Alice: Tamed: Ten Species That changed Our World. London: Hutchinson, 2017. 44 S.
17 Harvey, David: Marx, Capital and the Madness of Economic Reason.
London: Profile, 2017. 236 S.