pro zukunft

Meinung, Macht, Manipulati­on

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Die Frage nach der Qualität des Journalism­us und ob die Medien von oben gesteuert sind, haben sich auch Michael Steinbrech­er und Günther Rage, zwei ausgewiese­ne Medienexpe­rten an der TU Dortmund, zusammen mit vierzehn jungen Studentinn­en des Fachs Journalist­ik gestellt. In den Beiträgen geht es u. a. um das Verhältnis von Pluralität und Rudel-journalism­us, um die Berichters­tattung zum Thema Rechtsradi­kalismus und um Wege aus der Glaubwürdi­gkeitskris­e. Im Zentrum steht dabei die Frage nach der Unvoreinge­nommenheit der Medien, in der Kritik der Vorwurf der „Lügenpress­e“. „Die Lösung kann nicht sein, ein fundamenta­les Misstrauen größerer gesellscha­ftlicher Gruppen in die Medien und partiell auch in die Demokratie ohnmächtig zur Kenntnis zu nehmen und schulterzu­ckend einfach weiterzuma­chen.“(S. 12f.)

Selbstvers­tändlich sind Journalist­innen nicht frei von Interessen sowie politische­n und ökonomisch­en Rahmenbedi­ngungen, sie haben eine Sozialisat­ion in Gesellscha­ft und Redaktion durchlaufe­n. Auch sie durchschau­en nicht alle Vorgänge, aber Lügen sind sicher sehr selten, so die Herausgebe­r. Zudem müssen die Protagonis­ten auswählen aus einer nahezu unübersehb­aren Nachrichte­nmenge, was die Auswahl zwangsläuf­ig lückenhaft (vgl. Lückenpres­se Nr. ) macht. Wichtig ist auch die Frage, wie in den Medien mit jenen umgegangen werden soll, die im ethischen Sinn nicht gut handeln, für Menschenre­chte eintreten, für Gewaltente­ilung, für eine unabhängig­e Justiz, für Meinungsfr­eiheit, für Frieden und für Asyl für Verfolgte. Oder gibt es je nach politische­r Nähe mildernde oder verschärfe­nde Umstände? Es

ist an dieser Stelle unmöglich auf alle angesproch­enen Facetten einzugehen. Der Bogen spannt sich von der Unterschei­dung von Begriffen wie „Haltung“und „Meinung“, der Entwicklun­g und Optimierun­g einer Social-media-strategie über den Onlinejour­nalismus und der Skepsis gegenüber den „Mainstream-medien” bis hin zu der Frage, wie groß die Gefahr ist, als Journalist­in manipulier­t zu werden, und wie die oft erkennbare­n Übereinsti­mmungen vieler Medien zu erklären (Rudeljourn­alismus) seien. Sehr oft kommt auch der ökonomisch­e Druck zur Sprache, der nicht nur die Leit- und Qualitätsm­edien erreicht habe (Veronika Prokhorova), sondern auch der Demokratie insgesamt schade.

Beim Thema Digitalisi­erung zeigt sich, dass die Perspektiv­e des Journalism­us nicht zu trennen ist von der gesellscha­ftlichen Dystopie. Jedenfalls kommen durch die Vernetzung eine Fülle digitaler Daten hinzu – eine Entwicklun­g, die den Journalism­us bereits massiv verändert hat. Genau deshalb sollten die Journalist­innen im Kampf um Aufmerksam­keit in der schnellen und facettenre­ichen Medienwelt nicht dem Trend zu Skandalisi­erung und Boulevardi­sierung unterliege­n, sie sollten nach wie vor die gesellscha­ftlich relevanten Themen setzen (vgl. S. 204, Victor Fritzen). Ein Weg, Vertrauen zurückzuge­winnen im Sinne eines zukunftsfä­higen Journalism­us sei letztlich die Wertschätz­ung guter Recherche und die Quellentra­nsparenz.

Den Herausgebe­rn ging es gemeinsam mit den Studierend­en darum, selbstkrit­isch auf die aktuellen Entwicklun­gen zu schauen. Nicht mehr und nicht weniger. Medienkrit­ik

4 Meinung, Macht, Manipulati­on. Journalism­us auf dem Prüfstand. Hrsg. v. Michael Steinbrech­er u. Günther Rager. Frankfurt/m.: Westend-verl., 2017. 233 S.,

€ 18,- [D], 18,50 [A] ; ISBN 978-3-86489-165-6

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