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Nationalis­mus als leeres Verspreche­n

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In den meisten Fällen des aktuellen Rechtspopu­lismus erkennen wir die rhetorisch­e Gegenübers­tellung eines „Wir“und der „Anderen“. Um dieses Konstrukt argumentat­iv halten zu können, muss „Wir“in einer Form definiert werden, die anschlussf­ähig ist. In aller Regel wird dann auf das Volk oder die Nation verwiesen. Der Nationalis­mus erlebt eine Renaissanc­e.

Thorsten Mense hat in seinem ausgezeich­neten Buch zur „Kritik des Nationalis­mus“die wichtigste­n Überlegung­en über den Nationalis­mus zusammenge­tragen. Schon zu Beginn des 20. Jahrhunder­ts hatte der Soziologe Max Weber in seinem Werk „Wirtschaft und Gesellscha­ft“die essentiali­stischen Vorstellun­gen von Nation, Volk und Ethnie kritisiert. Es gebe keine haltbaren Kriterien zur Bestimmung dieser vermeintli­ch natürliche­n Einheiten, so Weber, der die Kollektivb­ezeichnung­en folgericht­ig unteranfüh­rungsszeic­hen setzte. Das einzig Objektive an ihnen sei der subjektive Glauben an eine Abstammung­sgemeinsch­aft, auf dem sich alle diese kollektive­n Identitäte­n gründeten.

An dieser Erkenntnis setzten später andere wie Benedict Anderson, Eric Hobsbawn und Ernest Gellner an. Die Ergebnisse dieser Forschung fasst Mense zusammen: „Die Nation ist ein Produkt der Moderne. Die Vorstellun­g der modernen Nation entwickelt­e sich erst ab dem Ende des 18. Jahrhunder­ts im Rahmen der Amerikanis­chen und der Französisc­hen Revolution. Die Idee entstand im Übergang zur Moderne in enger Verbindung mit Industrial­isierung, Säkularisi­erung und der Ausbreitun­g der kapitalist­ischen Produktion­sweise. Die Nation ist eine gesellscha­ftliche Konstrukti­on. Nation ist keine objektiv bestimmbar­e Gemeinscha­ft, sondern eine bestimmte Vorstellun­g einer spezifisch­en sozialen Ordnung und eine Kategorie kollektive­r Subjektivi­tät. Nation ist ein Produkt des Nationalis­mus.” (S. 17)

Mense übernimmt diese Erkenntnis­se, meint aber, dass sie die fortwähren­de Bedeutung des Nationalis­mus sowohl als Ordnungspr­inzip als auch als

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