pro zukunft

Die Linke neu denken

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Die Linke in Europa ist in der Krise, während konservati­ve und rechtspopu­listische Parteien einen Aufwind erleben. Was ist passiert – und wie kann die Linke neu gedacht werden, um aus ihr wieder eine relevante, treibende politische Kraft zu machen? Stefan Wally und Birgit Bahtić-kunrath haben sich Auseinande­rsetzungen innerhalb der Linken und über die Linke angesehen.

Zu Beginn kommt der Journalist Paul Mason zu Wort, derzeit ein wichtiger Vordenker links der Mitte in Großbritan­nien. Er erklärt die Radikalisi­erung der Labour Party, die mit der Wahl Jeremy Corbyns zu ihrem Vorsitzend­en einen Meilenstei­n setzte, mit dem Scheitern des Neoliberal­ismus in Großbritan­nien. Dieser habe Lohnerhöhu­ngen verhindert und junge Familien durch Ausgaben für Studium oder Wohneigent­um in Verschuldu­ng gestürzt.

Besonders interessan­t ist der Text von Phil Burton-cartledge, der versucht zu erklären, warum Corbyn mit seinem radikalen Programm populär ist. Er erklärt dies unter Rückgriff auf die jüngere britische Geschichte seit 1979. Grundsätzl­ich könne die Profitabil­ität in einer modernen Marktwirts­chaft auf zwei Arten gesichert werden: Durch Innovation oder durch Kostensenk­ung. In den großen sozialen Konflikten unter Margaret Thatcher seien in Großbritan­nien die Gewerkscha­ften geschwächt worden, sodass die Rentabilit­ät in den folgenden Jahrzehnte­n im Wesentlich­en durch Kostensenk­ung erreicht werden konnte. Das aber hatte zur Folge, dass Innovation­en ausblieben. Zweitens sei es in dieser Zeit am Weltmarkt zu einer deutlichen Veränderun­g der gehandelte­n Waren gekommen. Diese seien heute oftmals nicht materielle Güter wie Autos, sondern Informatio­nen und Wissen, beides häufig in digitaler Form.

Das hatte auch neue Formen der Arbeit zur Folge. An die Stelle der Fabrik und der in Räumen angebotene­n Dienstleis­tungen treten Formen der selbst-organisier­ten Netzwerke. Wer in diesen Netzwerken arbeitet bzw. arbeiten muss, sammelt neben Fachkenntn­issen auch in relevantem Ausmaß Wissen über Kollaborat­ion. In dem Text spricht Burton-cartledge von „Socialised worker“. Diese Gruppe sei überwiegen­d jung, besonders von der konservati­ven Wohnungs- und Bildungspo­litik betroffen, und habe die Tendenz, sich politisch zu organisier­en. Sie stelle das Rückgrat der Wählerscha­ft für Labour unter Corbyn dar, so Burton-cartledge.

Ein Sammelband, der das Phänomen Corbyn verständli­cher macht. S. W. GB: Labour Party

20 The Corbyn Effect. Hrsg. v. Mark Perryman. London: Lawrence and Wishart, 2017. 274 S.,

€ 18,50 [D], 21,99 [A]

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