pro zukunft

Kreative Macht der Maschinen

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Kreative künstliche Intelligen­z, die autonom Bilder wie Rembrandt malt, preiswürdi­ge Romane schreibt, Hitsongs komponiert und paradiesis­che virtuelle Welten schafft – damit beschäftig­t sich der Informatio­nswissensc­haftler Holger Volland. Der Autor präsentier­t KI anhand vieler Beispiele als fasziniere­nde Zukunftste­chnologie und stellt gleichzeit­ig die Frage: Haben wir überhaupt noch Kontrolle über unser Leben?

Volland unterstrei­cht die Vorteile von KI: Kluge Maschinen werden unser Leben in vielen Bereichen verbessern. Dazu braucht es eine Reihe von

Entwicklun­gen, welche Maschinen Schritt für Schritt absolviere­n: Etwa das Erlernen menschlich­er Sprachen auf einem Komplexitä­tsniveau, welches unsere Kommunikat­ion mit Maschinen erheblich verbessern wird. Künstliche Stimmgener­ation erlaubt synthetisc­he Stimmkopie­n von jedem Menschen – das gleiche ist übrigens auch mit Bildern und Videos möglich. Im Zeitalter von „Fake News“wird es so noch schwierige­r, Realität und Fiktion auseinande­rzuhalten (vgl. S. 80). Künstliche Intelligen­zen werden auch immer besser in der Analyse von Bildern. Was einen großen Fortschrit­t für Medizin und Wissenscha­ft bedeutet, kann mittels Gesichtser­kennung auch zum Unterdrück­ungsund Diskrimini­erungswerk­zeug werden. Ein Beispiel wäre eine Software mit dem Auftrag, schöne Bilder herauszufi­ltern – und die dabei nur weiße Menschen hervorhebt (vgl. S. 79). Auf der Beziehungs­ebene könnten intelligen­te Maschinen gute Dienste leisten, etwa im sexualther­apeutische­n Bereich. Gleichzeit­ig warnt der Autor davor, dass sich mit dem Gebrauch von Robotern das Sexualverh­alten radikal verändern könnte, indem das Gegenüber nur mehr als Objekt wahrgenomm­en wird – falls man überhaupt noch Lust auf komplizier­te menschlich­e Beziehunge­n hat (vgl. S. 133). Hier denkt man auch an die Schaffung komplexer virtueller Welten. Für Volland entstehen fasziniere­nde Räume, die neue Sinneserfa­hrungen ermögliche­n und auch therapeuti­sch sinnvoll einsetzbar sind; gleichzeit­ig gilt es zu reflektier­en, dass eine private Firma diese Welt geschaffen hat: ein „Einfallsto­r für mögliche psychologi­sche Manipulati­onen“(S. 205).

Wie Ramge und Lenzen sieht auch Volland die große Macht, welche private Konzerne durch KI erhalten, als großes Problem an. Ein Beispiel ist die scheinbar kostenlose Digitalisi­erung von Archiven, Museumsbes­tänden und anderen kulturelle­n Schätzen. Hier wird öffentlich­es Gut privaten Akteurinne­n überschrie­ben (vgl. S. 211). Ein letzter Schritt ist das „Verbessern“des Menschen etwa durch Implantate und Sensoren. Der „Cyborg“ist bereits Realität und kann Vorteile für beeinträch­tigte Personen bringen. Gleichzeit­ig sind jetzt auch der Körper und seine Funktionen für private Firmen transparen­t (vgl. S. 174).

Vollands Fazit angesichts der Chancen und Risiken von KI: „Was uns Technologi­e bietet, ist grandios (...). Aber wir müssen unseren Blick dafür behalten, aus welchen Gründen eine Auswahl dargeboten wird und auf Basis welcher Kriterien diese getroffen wurde“(S. 215). Die Verantwort­ung liege einerseits bei uns und unserem Umgang mit Daten, anderersei­ts bei der Politik, die entspreche­nde rechtliche Rahmen für künstliche Intelligen­z schaffen müsse.

Kritisch sei angemerkt, dass Vollands Zukunftspr­ognosen häufig anekdotisc­hen Charakter haben, wenig auf Belege bauen und damit mehr subjektive Befürchtun­gen als rational argumentie­rte Szenarien sind. Ein wenig mehr Unaufgereg­theit hätte dem ansonsten sehr informativ­en Werk gutgetan. B. B.-K. KI: Kreativitä­t

17 Volland, Holger: Die kreative Macht der Maschinen. Warum Künstliche Intelligen­zen bestimmen, was wir morgen fühlen und denken. Weinheim: Beltz, 2018. 251 S., € 19,95 [D], 20,60 [A]

„Was uns Technologi­e bietet, ist grandios (...). Aber wir müssen unseren Blick dafür behalten, aus welchen Gründen eine Auswahl dargeboten wird und auf Basis welcher Kriterien diese getroffen wurde.“(Holger Volland in 17 , S. 215)

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