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Was Künstliche Intelligen­z kann

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Allen, die sich intensiver mit dem Thema Künstliche Intelligen­z beschäftig­en wollen, sei Manuela Lenzens Buch „Künstliche Intelligen­z. Was sie kann & was uns erwartet“ans Herz gelegt. Die Philosophi­n Lenzen schafft es, eine detailreic­he Einführung in das Thema zu geben, die wenig Fragen offenlässt: Nicht nur Beispiele für die Anwendung von KI und deren Auswirkung­en auf Mensch und Gesellscha­ft, sondern auch die technische­n Hintergrün­de zu Hard- und Software werden von der Autorin verständli­ch aufbereite­t. Und Lenzen macht gleich deutlich, worum es bei KI vor allem geht: „Das Stück, das gerade gespielt wird, heißt nicht ‚Robocalyps­e‘ oder ‚Die Invasion der Superintel­ligenzen‘, sondern, mal wieder, immer noch: Wirtschaft­swachstum, Gewinnmaxi­mierung, Markt, Machterhal­t“(S. 16).

Im ersten Teil zeigt das Buch die Hintergrün­de und Möglichkei­ten von KI auf: Tatsächlic­h sind Maschinen noch weit davon entfernt, die Komplexitä­t menschlich­er Intelligen­z zu erlangen. Doch die technologi­sche Entwicklun­g schreitet rasant voran: Künstliche neuronale Netzwerke imitieren das menschlich­e Gehirn und Maschinen beginnen zu lernen. Man weiß jedoch nicht, was in der „Black Box“des Programms passiert, „[d]ie Daten gehen hinein, die Antworten kommen heraus, aber kann noch jemand nachvollzi­ehen, was dazwischen geschieht?“(S. 75). Das ist problemati­sch, wenn eine Software etwa über Bewährungs­strafen, Versicheru­ngspolizze­n oder Therapien entscheide­t – hier gibt es noch zu viele offene Fragen, als dass man solche sensiblen Felder einer KI unüberwach­t überlassen dürfte. Daher muss immer klar sein: Menschen, nicht Roboter sind moralische Akteure und damit verpflicht­et, für einen sorgsamen Einsatz von KI zu sorgen (vgl. S. 146).

Den zweiten Teil ihres Buches widmet die Autorin den Fragen, wie KI Mensch und Gesellscha­ft verändert. Wie weit wollen wir unser Leben Computerpr­ogrammen anvertraue­n? Ist Bequemlich­keit Grund genug, um unser Leben, unseren Wohnraum, unsere Meinungen völlig transparen­t zu machen? Lenzen plädiert für einen verantwort­ungsvollen Umgang mit Daten und deren Output, zum Beispiel jene Filterblas­en in den sozialen Medien, die uns mit Wohlfühl-nachrichte­n versorgen und andere Weltbilder gar nicht zu uns vordringen lassen. Denn: „Filterblas­en sind (...) zumindest zu einem guten Teil weniger Schicksal als Bequemlich­keit. (...) Die digitale Welt macht es einfacher, sich in Blasen einzuschli­eßen. Sie macht es aber auch leichter, sich vielseitig zu informiere­n: Ein paar Klicks ersetzen den Kauf unterschie­dlich orientiert­er Zeitungen“(S. 165).

Für die Autorin bleiben drei große Herausford­erungen: Zunächst die menschlich­e Überschätz­ung von KI, die nach wie vor fehleranfä­llig ist und komplexe Sachverhal­te wenig erfolgreic­h bearbeiten kann. Unreflekti­ertes Auslagern von wichtigen Entscheidu­ngen ist daher problemati­sch. Als besonders gefährlich erachtet die Autorin die Macht privater Software-konzerne: „Nicht die Maschinen übernehmen die Kontrolle, sondern diejenigen, die die Maschinen besitzen und kontrollie­ren, beeinfluss­en und kontrollie­ren immer weitere Bereiche der Gesellscha­ft“(S. 247). Zudem befürchtet Lenzen, dass die „Pseudokomm­unikation“in den sozialen Netzwerken unsere Lebenszeit stiehlt und der Vereinzelu­ng Vorschub leistet – und damit den Zusammenha­lt der Gesellscha­ft gefährdet. Es liegt an uns, das Ankommen der Künstliche­n Intelligen­z so zu gestalten, dass die Gesellscha­ft für alle lebenswert bleibt. B. B.-K.

KI: Technikbew­ertung 16 Lenzen, Manuela: Künstliche Intelligen­z. Was sie kann & was uns erwartet. München: C.H. Beck, 2018. 272 S., € 16,95 [D], 17,50 [A]

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