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Der Kampf um die Globalisie­rung

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Der britische Politikwis­senschaftl­er Colin Crouch („Postdemokr­atie“) hat einen Essay vorgelegt, in dem er die Rückabwick­lung der Globalisie­rung im Kontext eines erstarkend­en Nationalis­mus analysiert – und eine sozialdemo­kratische Vision eines fairen und globalen Miteinande­rs dagegenste­llt. Crouch verortet ein Unbehagen in jenen Gesellscha­ftsschicht­en, die von der Globalisie­rung nicht profitiert haben und in denen daher das Verständni­s von Arbeit als sinnstifte­nde Tätigkeit verlorengi­ng. Was bleibt, ist der Stolz auf die Heimat, welcher sich in den letzten Jahren als Nationalpo­pulismus oder gar Nationalis­mus die Bahn gebrochen hat.

Globalisie­rung selbst ist ein schwer zu fassendes Phänomen, welches in der Geschichte verschiede­ne Gesichter angenommen hat: vom europäisch­en Imperialis­mus des 19. und frühen 20. Jahrhunder­ts zum Zollabbau im Zuge europäisch­er Integratio­n, dem die Phase der neoliberal­en Deregulier­ung folgte. Der Ausbau der Welthandel­sorganisat­ion (WTO) und das Schaffen regionaler Freihandel­szonen fielen in diese Phase – ebenso das Sterben ganzer Industrien in westlichen Ländern, die im globalen Wettkampf nicht konkurrenz­fähig waren, während der Dienstleis­tungssekto­r einen Aufschwung erlebte. Das Verspreche­n des globalen Freihandel­s, dass alle gewinnen würden, wurde nicht erfüllt. Und vor allem wurde Wettbewerb­sfähigkeit von Politikeri­nnen und Unternehme­n auf niedrige Löhne, Steuern und Standards reduziert: „Dabei vergessen sie (oder verschleie­rn bewusst), dass Wettbewerb­sfähigkeit auch durch die Erschließu­ng neuer Märkte mithilfe gut ausgebilde­ter Arbeiter und hochentwic­kelter Infrastruk­tur hergestell­t werden kann und nicht nur dadurch, dass man die Preise (und folglich auch die Gehälter und Sozialausg­aben) niedrig hält“(S. 22).

Crouch betont in diesem Zusammenha­ng, dass Globalisie­rung im Westen zwar viele Verliereri­nnen, aber vor allem in Fernost auch viele Gewinnerin­nen hervorgebr­acht hat, was etwa am Beispiel China sichtbar wird. Gleichzeit­ig brauchen arme Ökonomien Globalisie­rung, soweit diese fair gestaltet ist. Ohne Zugang zu den Weltmärkte­n werden sich diese nie aus der Armut befreien können.

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