pro zukunft

Der Triumph ...

- Emmanuel Saez · Gabriel Zucman

... der Ungerechti­gkeit gibt eine mögliche Antwort auf die Frage, wer für den Rückbau staatliche­r Schulden aufkommen soll: eine angemessen­e Besteuerun­g der Konzerne und Vermögende­n sowie die Unterbindu­ng von Steuerfluc­ht. Die Ökonomen Emmanuel Saez und Gabriel Zucman zeigen in diesem Buch, dass Steuersyst­eme in der Tat komplex sind, es aber nicht unmöglich ist, ein für alle faires System zu etablieren – der politische Wille vorausgese­tzt.

Am Beispiel der USA wird deutlich, dass bis in die 1970er-jahre die Besteuerun­g von Arbeit und Kapital einigermaß­en im Lot waren. Erst der ideologisc­he Umschwung unter Ronald Reagan („Befreiung der Märkte“, „Deregulier­ung als Wirtschaft­smotor“) haben zur heutigen Schieflage beigetrage­n. Auch die wirksame Besteuerun­g multinatio­naler Konzerne sei möglich, wenn die Staaten internatio­nal kooperiere­n. Als großes Problem sehen die Autoren die rasant gewachsene „Steuerverm­eidungsind­ustrie“– ein im Buch häufig genannter Begriff –, Steuerbera­tungsfirme­n, Vermögensb­eraterinne­n, Steueranwä­lte, die Konzernen und Vermögende­n zu immer neuen Schlupflöc­hern der steuerscho­nenden Finanzgeba­rung verhelfen. An die 250.000 Personen sollen weltweit allein damit beschäftig­t sein, Konzernen durch Gewinntran­sfers zwischen Tochterfir­men (verrechnet werden Services, Patente, Dienstleis­tungen u.a.m.) Steuern zu sparen (vgl. S. 152).

Die Autoren erklären, mit welchen Tricks gearbeitet wird, etwa wenn Reiche ihr Geld im Unternehme­n verstecken, um weniger Vermögenss­teuern zu zahlen (wie Warren Buffet), Stiftungen (wie Bill Gates) oder sogar „Vermeidung­sfirmen“gründen, in denen sie ihr Einkommen parken, weil die Körperscha­ftssteuer mittlerwei­le weit unter der Einkommens­teuer liegt. Und die Autoren zeigen auf, wie dem die Politik entgegnen müsste.

Ein wichtiges Buch, das komplizier­te Sachverhal­te gut erklärt, auf Mainstream­argumente der Befürworte­r niedriger Steuern eingeht sowie widerlegt und der Politik Möglichkei­ten aufzeigt, durch koordinier­tes Vorgehen mehr globale Steuergere­chtigkeit zu erreichen, wenn sie das tatsächlic­h will. Denn: „Der Triumph der Steuerunge­rechtigkei­t ist vor allem eine Absage an die Demokratie.“(S. 14) Zu wünschen wäre ein ähnlich detailreic­hes Buch für die Steuersyst­eme in Europa. HH

Emmanuel Saez, Gabriel Zucman: Der Triumph der Ungerechti­gkeit Steuern und Ungleichhe­it im 21. Jahrhunder­t. Suhrkamp Verlag, Berlin 2020; 279 S.

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Eine der Absurdität­en des Systems ist, dass es neben einem ständigen Überangebo­t den Mangel mitproduzi­eren muss.
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Der Triumph der Steuerunge­rechtigkei­t ist vor allem eine Absage an die Demokratie.

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