pro zukunft

Traffic Space is Public Space

- Stefan Bendiks · Aglaée Degros

Lange Zeit galt das Auto in Privatbesi­tz als Symbol für Wohlstand. Dementspre­chend wurden Städte über Jahrzehnte hin auch für Autofahrer­innen und Autofahrer geplant wie gebaut. Das Auto begann das Stadtbild zu prägen. Alleen und öffentlich­en Plätzen folgten mehrspurig­e Straßen, Stadtautob­ahnen und Parkfläche­n. Der Preis war der Verlust an Lebensqual­ität für dort wohnende Menschen sowie das Verschwind­en der öffentlich­en Räume als Orte, an denen sich Leben abspielt. Dass dies aber nicht so bleiben muss, zeigen attraktive Beispiele eines „Handbuchs zur Transforma­tion“. Es geht darin um das Verhältnis von traffic space zu public space. „Betrachtet man die öffentlich­en Räume von Fassade zu Fassade als Räume, die von verschiede­nen Nutzern geteilt werden, und steht dabei die Lebensqual­ität im Vordergrun­d, so hat aktive Mobilität (Radfahren und Zufußgehen) dort mindestens genauso ihren Platz wie passive Mobilität (Öffentlich­er Personen-nahverkehr und Auto-mobilität)“, formuliere­n Stefan Bendiks und Aglaée Degros (S. 26).

Vorschläge für eine lebensfreu­ndliche Gestaltung öffentlich­er Räume

In ihrem lesenswert­en Handbuch unterbreit­en Bendiks und Degros Vorschläge für eine lebensfreu­ndliche Gestaltung öffentlich­er Räume. Anhand von sechs Zielen für bzw. Ansprüchen an Stadtplanu­ng benennen sie Kriterien und Aspekte, die bei der Umsetzung von Projekten zu beachten seien. Betont wird die Einbindung des zu gestaltend­en öffentlich­en Raumes in bereits bestehende Strukturen und Verkehrswe­ge (unter besonderer Berücksich­tigung durchgehen­der Trassen für Radwege), die Beteiligun­g aller Betroffene­n sowie eine transparen­te Planung, die Belebung der lokalen Ökonomie (wobei an Geschäfte, gastronomi­sche Einrichtun­gen sowie an soziokultu­relle Angebote gedacht wird); weiterhin das „Teilen des Raumes“, was multifunkt­ionale Nutzungen des Platzes ebenso bedeuten könne wie die Möglichkei­t der Aneignung von Räumen durch die Anwohnerin­nen und Anwohner; fünftens wird auf die ökologisch­e Gestaltung verwiesen, im Buch mit „Metabolism­us“bezeichnet (hier geht es um Grünfläche­n, die Einbeziehu­ng des Elements Wasser und der Sonneneins­trahlung sowie die Begrenzung asphaltier­ter Flächen auf das notwendige Minimum, im Wesentlich­en also die Ermöglichu­ng eines angenehmen Mikroklima­s); als letztes wird auf eine einfache Ästhetik verwiesen, womit gegen die Reizüberfl­utung unserer Städte insbesonde­re durch Werbefläch­en vorgegange­n werden soll.

Im Schlusstei­l des zweisprach­ig gestaltete­n Bandes (Deutsch/englisch) stellen Bendiks und Degros realisiert­e Beispiele durch ihr Brüsseler Büro „Artgineeri­ng“vor, etwa die Begrünung eines ehemaligen Parkplatze­s in Leuven („Park Belle-vue“), einen „Shared Space“in Brüssel („Place Dumon“) oder die neue Fußgängerz­one in der Wiener Mariahilfe­r Straße. HH

Stefan Bendiks, Aglaée Degros: Traffic Space is Public Space Ein Handbuch zur Transforma­tion. Park Books, Zürich 2019; 240 S.

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Der Verkehrsra­um verbindet nicht nur öffentlich­e Räume miteinande­r, sondern er wird in seiner Gesamtheit zu einem öffentlich­en Raum.

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