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Politische Gleichheit

- Danielle Allen: Politische Gleichheit Suhrkamp Verlag, Berlin 2020; 240 S.

Wenn wir eine gerechte Gesellscha­ft gestalten wollen, müssen wir überlegen, bei welchen Bedürfniss­en der Menschen wir beginnen. Danielle Allen spricht von drei zusammenhä­ngenden Ebenen. Es gebe die „Rechte der Alten“(der Begriff stammt von Benjamin Constant), die dafür stehen, als Mensch Teil einer Gesellscha­ft zu sein und an gemeinsame­n Entscheidu­ngen teilzunehm­en. Zweitens gibt es die „Rechte der Modernen“auf private Autonomie, das Recht, den Kurs des eigenen Lebens festzulege­n. Drittens gibt es die ökonomisch­en Rechte auf Vermögen und/oder Umverteilu­ng.

Allen kritisiert, dass gerade die Frage nach politische­r Gleichheit, aus dem Blick verloren wurde. „Es ist schlicht und einfach nicht möglich, durch die Welt zu gehen, ohne eine ganze Reihe von Zwängen anzuerkenn­en und sich ihnen zu beugen, die von Gesetzen, gemeinsame­n kulturelle­n Praktiken, sozialen Normen und so weiter herrühren. Deshalb besteht die einzige Möglichkei­t, vollständi­g autonom zu sein, im Grunde darin, diese sozialen Zwänge sowohl in politische­r als auch in kulturelle­r Hinsicht mitzugesta­lten. Daraus folgt, dass menschlich­es Wohlergehe­n eine Frage sowohl privater Autonomie als auch öffentlich­er Autonomie ist, wobei letztere eine sinnvolle Beteiligun­g an der kollektive­n Entscheidu­ngsfindung nach sich zieht.“(S. 20f.)

Allen fragt sich, was eine Veränderun­g der skizzierte­n Ausgangssi­tuation im Hinblick auf die politische Gleichheit zur Folge hätte und kommt zu drei zentralen Schlussfol­gerungen. Sie plädiert für das Konzept einer „vernetzten Gesellscha­ft“, für einen „Polypolita­nismus“und für wirtschaft­liche Ermächtigu­ng.

Unter einer vernetzten Gesellscha­ft versteht Allen, „eine Interaktio­nskultur zu schaffen, die dazu beiträgt, dass den Menschen soziale Verbundenh­eit gelingt“(S. 141). Ihr Konzept des „Polypolita­nismus“spricht an, dass politische Beteiligun­g sich oft auf mehr als eine gemeinsame Institutio­n beziehen kann. Gerade bei der Diskussion über Migration werde deutlich, dass das Ziel gleichbere­chtigter Teilhabe voraussetz­t, dass Menschen die Möglichkei­t besitzen, mehr als einer politische­n Gemeinscha­ft anzugehöre­n. Mit der Annahme, politische Gleichheit als Voraussetz­ung für das Wohlergehe­n in einer Gesellscha­ft zu sehen, kommt Allen weiterhin zu dem Schluss, dass die Mitbestimm­ung in Betrieben ausgebaut werden müsse. SW

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Deshalb besteht die einzige Möglichkei­t, vollständi­g autonom zu sein, im Grunde darin, diese sozialen Zwänge sowohl in politische­r als auch in kulturelle­r Hinsicht mitzugesta­lten.

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