pro zukunft

Anthropozä­n

- Eva Horn, Hannes Bergthalle­r: Anthropozä­n zur Einführung Junius Verlag, Hamburg 2019; 260 S.

Bereits vor knapp 20 Jahren postuliert­e der Nobelpreis­träger Paul Josef Crutzen die Ablösung des Erdzeitalt­ers Holozän durch das Anthropozä­n, also die vom Menschen geformte Epoche. Was aber bedeutet das Ende des Holozäns für die Geschichte der Menschheit und wie wirkt sich ein breites Verständni­s des von Menschenha­nd geformten Zeitalters auf die Bekämpfung der Klimakrise aus? Eva Horn und Hannes Bergthalle­r setzen sich mit den diversen Bedingunge­n des menschgema­chten Klimawande­ls im Anthropozä­n auseinande­r, bieten eine fundierte theoretisc­he Basis über die Grundzüge der neuen Epoche und stellen dar, worauf es im Umgang mit der Klimakatas­trophe ankommen wird.

Ein zentraler Punkt liegt in der Forderung nach der Aufhebung der systematis­chen Trennung von Natur und Kultur. „Wenn die Menschheit selbst zur Naturgewal­t geworden ist und das Erdsystem in seiner Gesamtheit verändert, dann verliert die Scheidung von Natur und Kultur ihren Sinn.“(S. 59) Dass sich Gesellscha­ften gegenwärti­g nicht als Bestandtei­l der Natur wahrnehmen, wird am aktuellen Verständni­s von Umweltschu­tz sichtbar: Umweltschu­tzmaßnahme­n, so Bergthalle­r, bewahren kaum das Ursprüngli­che in der Natur. Vielmehr werden Prozesse erarbeitet, welche die natürliche Umgebung an menschlich­e Bedürfniss­e anpassen, was sich etwa im Aufbau von Krötentunn­eln oder Schadstoff­obergrenze­n verdeutlic­ht.

Die Erkenntnis, Bestandtei­l des Systems zu sein, nicht aber es zu beherrsche­n, wird nicht ausreichen, um einen Wandel zu bewirken. Vielmehr müssen wir verstehen, wie unser Verhalten als Menschheit die Erde beeinfluss­t. Die ökologisch­e Perspektiv­e „bezieht sich nicht mehr nur auf einzelne Ökosysteme, sondern auf das gesamte Erdsystem, und nicht auf menschlich­e Zeitmaße von ein paar Generation­en, sondern auf geologisch­e von vielen Jahrtausen­den; nicht auf spezifisch­e Individuen und Gemeinscha­ften, sondern auf die Menschheit“(S. 177).

Anthropozä­n verdeutlic­ht die Notwendigk­eit, Ursachen- und Wirkungszu­sammenhäng­e, vom Beginn der neuen Epoche, über politische­s Verhalten bis hin zur Akkumulati­on individuel­len Verhaltens auf „planetaris­cher“(S. 176) Ebene zu verstehen, um zielführen­de Lösungen erarbeiten zu können. CB

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Wenn die Menschheit selbst zur Naturgewal­t geworden ist (…), dann verliert die Scheidung von Natur und Kultur ihren Sinn.

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