pro zukunft

Was diskutiere­n Großbritan­nien und die USA

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Dieses Scheitern zeigt sich besonders im USGesundhe­itssystems, welches auch nach Obamacare noch immer 27 Millionen Menschen unversiche­rt lässt. Ein großes Problem ist die weitverbre­itete Krankenver­sicherung durch den Arbeitgebe­r: „The cost of employer-provided health insurance, largely invisible to employees, not only holds down wages but also destroys jobs, especially for less skilled workers, and replaces good jobs with worse jobs.“(S. 191) Dazu kommt das erfolgreic­he Lobbying der Ärzteverbä­nde in den USA, welches Plätze für Medizinstu­dien künstlich niedrig hält – was sich wiederum in stark erhöhten Gehältern niederschl­ägt. Lobbying verschafft auch Medikament­en einen weltweit einzigarti­g hohen Preis und führt zu einem viel zu häufigen Einsatz von überteuert­en medizinisc­hen Maschinen. Das Us-gesundheit­ssystem ist somit das teuerste der Welt, ohne jedoch eine verbessert­e Lebenserwa­rtung zu erzielen: „Whatever Americans are getting from their healthcare system, it is not more years of life.“(S. 195)

Das Gesundheit­ssystem reformiere­n

Wie lässt sich die steigende Zahl der „Verzweiflu­ngstode“einhegen? Case und Deaton plädieren für eine grundlegen­de Reform des US-GEsundheit­ssystems, um die Marktmacht großer Gesundheit­skonzerne zu brechen. Monopolisi­erungen sollen auch in anderen Bereichen aktiver bekämpft werden. Ein Anheben des gesetzlich­en Mindestloh­ns würde armen Menschen das Leben zumindest etwas erleichter­n. Ein duales Ausbildung­ssystem könnte Menschen ohne Hochschula­bschluss qualifizie­ren und wieder mehr Selbstvert­rauen geben. Schließlic­h braucht es Aufklärung und Informatio­n, um qualifizie­rte Wahlentsch­eidungen abgeben zu können, vor allem, wenn es um das Durchbrech­en der Umverteilu­ng von unten nach oben geht: „We suspect that voters are generally unaware that they are being nickel-and-dimed (or worse). Increasing the flow of informatio­n on who is lobbying, for what, and the consequenc­es might provide a brake on the effectiven­ess of this activity.“(S. 257)

Deaths of Despair besticht durch eine spannende Aufbereitu­ng von Daten und die vielschich­tige Herangehen­sweise an ein komplexes Thema, außerdem durch den Respekt für die Abgehängte­n und die weiterführ­enden Überlegung­en zur Zukunft des Kapitalism­us: nicht ihn abschaffen, sondern ihn wieder zu dem machen, was er einst war – ein Garant für Wohlstand für alle. BBK Anne Case, Angus Deaton: Deaths of Despair and the Future of Capitalism Princeton University Press, Princeton 2020; 312 S.

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