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Neulich in Amerika

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Einen Abgesang auf das Amerika als einstigen Leuchtturm von Demokratie und Menschenre­chten; eine Abrechnung mit politische­r Korruption, mit christlich­em Fanatismus in der USPolitik und mit den Lügen, die verheerend­e Konsequenz­en nach sich ziehen: Die EssaySamml­ung des New Yorker Literaten Eliot Weinberger ist keine Lektüre für gute Laune. Und doch trägt das Buch zu einem tieferen Verständni­s für den Zustand der USA bei, begleitet von der poetischen Sprache des Autors.

Acht Jahre mit George W. Bush

Im ersten Teil des Buchs beschäftig­t sich Weinberger mit der Präsidents­chaft von George W. Bush: Angefangen vom zweifelhaf­ten Ausgang der Wahlen, die Bush mit einem äußerst geringen Vorsprung gegenüber Al Gore gewann (eine Neuauszähl­ung nach Unstimmigk­eiten wurde vom konservati­v dominierte­n Supreme Court abgelehnt) über die enge Verbindung zwischen hohen republikan­ischen Würdenträg­ern zu Rüstungs- und Waffenprod­uzenten bis zum Irak-krieg zeichnen Weinberger­s Essays nach, wie aggressive wirtschaft­liche Interessen zigtausend­en Menschen das Leben kosten. In seinen „Prosagedic­hten“lässt der Autor seine „Protagonis­ten“schlicht für sich selbst sprechen. Zahlreiche absurde Zitate oder Begebenhei­ten bezeugen den moralische­n Niedergang der USA in der Bush-ära, etwa: „Elaine Chao, Arbeitsmin­isterin, ist Republikan­erin. Ihre Behörde gibt eine Broschüre mit Tipps für Arbeitgebe­r heraus, wie sie die Bezahlung von Überstunde­n vermeiden können.“(S. 45) Besonders bedrückend der Text „Was ich hörte vom Irak“, dessen chronologi­sche Aneinander­reihung von Ereignisse­n in diesem Krieg in einer Steigerung ins beinahe Unerträgli­che mündet: „Ich hörte Kassem Muhammad Ahmed sagen: ‚Ich habe gesehen, wie sie Verwundete auf der Straße mit dem Panzer überrollte­n. Das ist sehr oft passiert‘.“(S. 118)

Die USA unter der Präsidents­chaft von Donald J. Trump

Im zweiten Teil setzt sich der Autor mit den USA unter der Präsidents­chaft von Donald J. Trump auseinande­r. Deutlich wird, dass Trump nur das Symptom einer weit nach rechts abgedrifte­ten republikan­ischen Partei ist und nicht als isoliertes Phänomen verstanden werden sollte. Über weite Strecken lässt der Autor Trump einfach für sich selbst sprechen – da braucht es keine weiteren Kommentare oder Erläuterun­gen. Das Buch schließt mit einer Auseinande­rsetzung mit der Covid-19-pandemie in den USA; ein republikan­isches Versagen, welches schonungsl­os die Zerrüttung der einstigen Nation der Hoffnung zeigt und die Leserinnen und Leser erschütter­t zurückläss­t. BBK Eliot Weinberger: Neulich in Amerika Berenberg Verlag, Berlin 2020; 272 S.

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Ihre Behörde gibt eine Broschüre mit Tipps für Arbeitgebe­r heraus, wie sie die Bezahlung von Überstunde­n vermeiden können.

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