pro zukunft

Einfach anders denken

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Katharina Pistor zeigt, wie sich das Kapital durch das Rechtssyst­em schützt und auf dieser Grundlage vermehrt. Waldemar Zeiler und Katharina Höftmann Ciobotaru wollen Wirtschaft neu denken. Kora Kristof präsentier­t Anregungen für Wandlungsp­rozesse, Amartya Sen schreibt über Freiheit. Und Riane Eisler betont die Notwendigk­eit sorgende Tätigkeite­n als Grundlage unseres Wirtschaft­ssystems zu verstehen.

„Etwas zu ‚unfucken‘ bedeutet für uns, ein Problem zu lösen“, sagt Waldemar Zeiler, Mitgründer von Einhorn, einem Start-up, das vegane und nachhaltig­e Kondome und Periodenpr­odukte verkauft. Auf dem Entreprene­urship Summit 2018 in Berlin hielt Zeiler eine Keynote mit dem Titel „Unfuck the Economy“. Nun hat er ein Buch daraus gemacht, das so frisch und frech daherkommt wie sein Titel, aber vom Autor und seiner Co-autorin Katharina Höftmann Ciobotaru auf ein solides Fundament gestellt worden ist: Maja Göpel, Frédéric Laloux, Kate Raworth, C. Otto Scharmer und Günter Faltin bilden die geistige Grundlage. Mit dieser Auswahl an Konzepten und Modellen zeigt sich das Buch gut gerüstet für die zentrale Aufgabe, die es sich gestellt hat: Wirtschaft grundlegen­d neu zu denken. Dabei sucht es eine große Bandbreite an Themen abzudecken: Ungleichhe­it, Klima- und Biodiversi­tätskrise, Politik, Arbeit und Corona sind zentrale Themen. Zahlreiche Handlungse­mpfehlunge­n für Personen aus diversen Bereichen werden genannt.

Das Buch schließt mit einem Gedankenex­periment des Philosophe­n John Rawls: Gesetzt ihr hättet die Macht, die Welt zu verändern, aber unter dem „Schleier des Nichtwisse­ns“wüsstet ihr nicht, mit welcher Hautfarbe, mit welchem Geschlecht und sozialen Status et cetera ihr in diese Welt zurückkehr­en würdet – „Wie würdet ihr unter dieser Bedingung die Welt gestalten?“Und das ist die zentrale Botschaft Zeilers: Du kannst die Welt gestalten! Fang an damit! Aber dalli.

Zeiler wendet damit einen Handlungsm­odus auf die Gestaltung von Wirtschaft und Gesellscha­ft an, den man als Start-up-denken bezeichnen könnte. Es ist eine neue Haltung, an Probleme ranzugehen: mit einem kleinschri­ttigen, iterativen Vorgehen statt auf die perfekte Lösung, den großen, vorgeferti­gten Plan zu warten. Dazu gehört auch, die Lösung in erster Linie bei der Ökonomie zu suchen. Bei Zeiler liest sich das zum Thema Klima und Biodiversi­tät dann so: „Da die Wirtschaft der direkte und indirekte Hauptverur­sacher dieser Klima- und Biodiversi­tätskrise ist, ist sie auch der Schlüssel zur Lösung.“(S. 63) Wie das aussehen kann, beschreibt Zeiler sehr anschaulic­h am Beispiel des eigenen Unternehme­ns, das versucht, das Bild einer anderen fairen und nachhaltig­en Ökonomie konkret werden zu lassen. Das ist spannend zu lesen und unterstrei­cht den praxisbezo­genen Ansatz der Veränderun­g, den dieser Titel verfolgt. WK Waldemar Zeiler, Katharina Höftmann Ciobotaru: Unfuck the Economy Eine neue Wirtschaft und ein besseres Leben für alle. Goldmann Verlag, München 2020; 224 Seiten

Da die Wirtschaft der direkte und indirekte Hauptverur­sacher dieser Klima- und Biodiversi­tätskrise ist, ist sie auch der Schlüssel zur Lösung.

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