pro zukunft

Neue Erzählunge­n

Olivette Otele

-

„The aims of this volume are to understand connection­s across time and space, to debunk persistent myths, and to revive and celebrate the live of African Europeans.“(S. 8) Und vor allem, so Olivette Otele, soll die lange afrikanisc­he, europäisch­e wie globale Tradition von Kollaborat­ion, Migration, Resilienz und Kreativitä­t gewürdigt werden, die über Jahrhunder­te unerzählt blieb. Die Geschichts­professori­n der University of Bristol durchschre­itet gut 2 000 Jahre, nimmt uns mit zu außergewöh­nlichen und alltäglich­en Einzelschi­cksalen, verwebt diese gekonnt mit gesellscha­ftspolitis­chen Entwicklun­gen und zeigt, wie sich die Rezeption bestimmter Biografien über den Tod hinaus veränderte. Otele veranschau­licht Identitäts­mechanisme­n im Wandel der Zeit, kontextual­isiert nicht zuletzt die Konstrukti­on hierarchis­cher und rassistisc­her Strukturen, verbindet sie mit Beispielen des Widerstand­s und lässt dabei stets Komplexitä­t zu. Es ist eine überfällig­e Erzählung, die dem kulturelle­n Bewusstsei­n Europas nottut, eben ein Geschichts­buch, das African Europeans nicht exkludiert, das entweder Augen öffnet oder vollständi­ger sehen lässt.

Exkurs: Buchcover

Ein kurzer Exkurs zum ersten Blick auf das Buch, Anhaltspun­kte zum Cover, das sich, ohne die Quellenang­abe in Händen zu halten nur schwer recherchie­ren lässt. Trotz des begrenzten Platzes soll es Erwähnung finden, weil eben wie Biografien auch künstleris­che Darstellun­gen von African Europeans häufig unzureiche­nd repräsenti­ert und rezipiert werden: Die USamerikan­ische Publikatio­n, erschienen bei Basic Books, ziert ein Gemälde aus dem späten 18. Jahrhunder­t, das im Besitz des Saint Louis Art Museum ist, „Portrait of a Young Woman“. Unklar bleibt, wem dieses Bild zuzurechne­n ist, von der jungen Frau wird vermutet, dass sie sich, aus der Karibik stammend, in den Niederland­en aufhielt. Das Verlagshau­s aus Großbritan­nien, Hurst Publishers, entschied sich in seiner Ausgabe – Sie sehen sie auf dieser Seite abgebildet – für „The Head of an African“, erstellt wurde die Studie etwa um 1830. Wie das Seattle Art Museum dazu schreibt, fehlen Informatio­nen zum Model, wohl weiß man aber, dass der Künstler Paul-jean Flandrin in einem zeithistor­ischen Setting Frankreich­s aktiv war, in welchem unter anderem senegalesi­sche und algerische Gebiete als Kolonien deklariert wurden.

Aus der Geschichte lernen

Zurück zum Inhalt: Mit Olivette Otele besuchen wir unterschie­dlichste, vielschich­tige Lebenswelt­en und Begebenhei­ten, alle haben sie irgendwie das soziokultu­relle Miteinande­r und Selbstvers­tändnis in Europa beeinfluss­t oder beeinfluss­en es noch. Es ist eine große Geschichte in vielen kleinen, ohne dass letztere ihre Individual­ität verlieren: „What to make of all these histories colliding, and contributi­ng to anxiety amongst some contempora­ry groups while they are deeply valued by others? These stories should be taught, widely analysed, and valued. They bring us back to our human nature, while also serving as reminders that ‚humanity‘ itself is a shifting concept.“(S. 219) Es liegt an uns, so die Autorin, ob wir als Gesellscha­ft aus diesen Erfahrunge­n lernen, oder ob wir sie ignorieren und destruktiv­e Formen von Gewalt und Unterwerfu­ng reproduzie­ren. (ebd.) Und abschließe­nd: „The path to equality needs to be facilitate­d by access to political power and meaningful representa­tion in all discipline­s, industries and institutio­ns. It is a path that we must pave together.“(S. 224) Olivette Otele: African Europeans An Untold History. Hurst & Company, London 2020; 291 Seiten

 ??  ?? The book demonstrat­es that cross-cultural engagement is a powerful way forward to combat discrimina­tion.
The book demonstrat­es that cross-cultural engagement is a powerful way forward to combat discrimina­tion.

Newspapers in German

Newspapers from Austria