pro zukunft

Automatisi­erung der Arbeit

Robert Skidelsky

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„The Economic Possibilit­ies of our Grandchild­ren“– so lautete der Titel eines 1930 erschienen­en und damals kaum beachteten Artikels des später berühmt gewordenen Ökonomen John Maynard Keynes. 15 Stunden pro Woche würden die Menschen um die Jahrtausen­dwende noch arbeiten, so die damalige Prognose. Der britische Wirtschaft­shistorike­r Robert Skidelsky ist in dem gemeinsam mit seinem Sohn Edward verfassten Buch Wie viel ist genug? der Frage nachgegang­en, warum es nicht so gekommen ist. In seinem neuen vier Essays umfassende­n Band Automatisi­erung der Arbeit: Segen oder Fluch? führt er die Frage weiter.

Skidelsky ist überzeugt, dass weniger zu arbeiten im 21. Jahrhunder­t aufgrund der Automatisi­erung durchaus Realität werden könnte. Da die Produktivi­tätsfortsc­hritte derzeit lediglich der „kreativen Klasse“und den Eigentümer­n der Maschinen, den „Kapitalist­en“, zugutekäme­n (S. 25), seien wir jedoch noch nicht soweit. Ökonomisch gesprochen: es gibt keine „Einkommens­effekte“, die für die Mehrheit eine freie Wahl zum Weniger-arbeiten zuließen. Dazu kommt laut Skidelsky die Ausrichtun­g des Wirtschaft­ssystems auf permanente­s Wachstum und Konsumstei­gerung. Mit der Abkehr vom Statuskons­um und einer anderen Verteilung der Produktivi­tätsfortsc­hritte wäre eine Neuorienti­erung jedoch durchaus möglich: „Wir müssen die Gewinne so umleiten, dass sie die Bediener der Maschinen erreichen.“(S. 25)

In den folgenden Essays vertieft Skidelsky seine Argumentat­ion. Er geht ein auf die wirtschaft­swissensch­aftlichen Debatten über den Ersatz von Menschen durch Maschinen, etwa auf das „Konzept der Kompensati­on“(S. 36) – demnach steigt die Konsumnach­frage durch Automatisi­erung, was neue Arbeitsplä­tze schaffe; er referiert Studien über die Verluste von Arbeitsplä­tzen durch die weitere Digitalisi­erung und reflektier­t die Chancen und Risiken von Künstliche­r Intelligen­z sowie „Deep Learning“(„Die Ausweitung der schwachen KI über die Ökonomie hinaus auf andere Lebensbere­iche sollte uns Sorgen bereiten.“S. 64). Schließlic­h plädiert er für eine neue Ethik jenseits des „grenzenlos­en Konsums“und für das Erziehen „der Menschen zur Freizeit“(ebd.). Im Schlusskap­itel, verfasst im Auftrag des Schattensc­hatzkanzle­rs der Labour-party, John Mcdonnell, skizziert Skidelsky konkrete Schritte zu einer stufenweis­en Verkürzung der Arbeitszei­ten. Ein zukunftswe­isendes, aktuelles Buch.

Robert Skidelsky: Automatisi­erung der Arbeit: Segen oder Fluch? Passagen Verlag, Wien 2020; 136 Seiten

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Wir müssen die Gewinne so umleiten, dass sie die Bediener der Maschinen erreichen.

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