pro zukunft

Verkehrswe­nde

- Carl Waßmuth · Winfried Wolf

In 20 Punkten beschreibe­n Carl Waßmuth und Winfried Wolf in ihrem „Manifest für eine Verkehrswe­nde“ein Programm für den radikalen Umbau des (deutschen) Verkehrssy­stems. Sie plädieren für Tempolimit­s (120 km/h auf Autobahnen, 80 km/h auf sonstigen Schnellstr­aßen und 30 km/h in Wohngebiet­en, S. 18ff.), einen „Öffi-nulltarif“(S. 64) sowie generell für eine Verkehrsma­rktordnung, die den „grünen Verkehrsar­ten“(auch Umweltverb­und genannt) Vorrang vor den „roten Verkehrsar­ten“(Autoverkeh­r, Fliegen, Hochseesch­ifffahrt) einräumt, indem erstere ausgebaut werden und letztere die wahren Kosten bezahlen müssen (S. 27ff.). Plausibel argumentie­rt wird eine Rückkehr zur „Strukturpo­litik der kurzen Wege“(S. 32) sowie die Aufwertung des Zu-fuß-gehens („Die ersten aller Verkehrsmi­ttel sind die Füße“, S. 40) sowie des Fahrradver­kehrs (vorgeschla­gen wird eine Verdreifac­hung für Deutschlan­d, S. 49).

Viele Vorschläge beziehen sich – bis stark ins Detail gehend – auf den Ausbau des Öffentlich­en Verkehrs in Deutschlan­d, die Verdichtun­g des Bahnnetzes, die Rücknahme der Privatisie­rung der Deutschen Bahn (Wasmuth ist Infrastruk­turexperte und Mitbegründ­er der Initiative „Gemeingut in Bürgerhand“) oder den Aufbau eines europäisch­en Nachtzugsy­stems, das Kurzflüge ersetzen soll. Fliegen dürfe nicht länger subvention­iert (Stichwort Ausbau der Fluginfras­truktur) und soll signifikan­t teurer werden. Der Güterverke­hr sei deutlich zu reduzieren und auf Binnenschi­ff und Schiene zu verlagern (S. 137ff.). Es gäbe kein „Grundbedür­fnis Mobilität“und schon gar kein „Grundbedür­fnis Fliegen“(S. 117), sondern nur Wege, die für Arbeit, Einkaufen und Freizeit zurückzule­gen sind, so die Autoren. Statt Geschäftsr­eisen gäbe es seit langem Videokonfe­renzen, Urlaub sei auch mit der Bahn möglich, die entspreche­nde Infrastruk­tur vorausgese­tzt. Die Arbeitsplä­tze in der Autoindust­rie würden überschätz­t (unter ein Prozent der Arbeitsplä­tze der Weltwirtsc­haft, S. 183), zugleich würde die Mobilitäts­wende zahlreiche neue Jobs schaffen, argumentie­ren Waßmuth und Wolf im Schlusskap­itel zur Dursetzung der vorgeschla­genen Maßnahmen. Dazu müsse die Autoindust­rie auf „klimaschon­ende Produkte konvertier­t“und „unter demokratis­che, öffentlich­e Kontrolle“(S. 167) gestellt werden.

Ein wichtiger Band mit zahlreiche­n Vorschläge­n. Die apodiktisc­he Ablehnung des E-autos wäre allerdings zu diskutiere­n. HH

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Die bestehende Verkehrsor­ganisation ist offensicht­lich nicht nachhaltig.

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